Managed Services Das Dienstleistungsmodell für das digitale Zeitalter

Redakteur: Michael Hase

Managed Services treffen angesichts steigender Komplexität der ITK-Systeme den Bedarf vieler Kunden. Im europäischen ITK-Channel trägt das Dienstleistungsmodell inzwischen fast ein Viertel zu den Umsätzen bei.

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Als MSPs betreiben Systemhäuser klar definierte Teilbereiche der IT ihrer Kunden – beispielsweise die Desktop-Landschaft.
Als MSPs betreiben Systemhäuser klar definierte Teilbereiche der IT ihrer Kunden – beispielsweise die Desktop-Landschaft.
(Bild: kentoh - stock.adobe.com)

Die Digitale Transformation von Unternehmen läuft darauf hinaus, dass sich Geschäftsprozesse und Technologien enger miteinander verzahnen. Herkömmliche Infrastrukturen werden dazu modernisiert, um sie flexibler zu gestalten, neue Bereitstellungsmodelle werden eingeführt. Ferner verändern sich die Verfahren, wie Anwendungen entwickelt und in Betrieb genommen werden. Nicht zuletzt entstehen neue Modelle der Zusammenarbeit, bei denen digitale Kommunikationsmittel zum Einsatz kommen. Auf der anderen ­Seite steigen durch die zunehmende Vernetzung von Menschen und Dingen die Sicherheitsrisiken an, auf die Unternehmen mit intelligenten ­Security-Konzepten reagieren müssen.

Durch die Digitalisierung wandelt sich somit nicht nur die Rolle der IT-Organisationen, sondern auch die Art und Weise, wie sie mit Dienstleistern zusammenarbeiten. Angesichts wachsender Anforderungen und der an sie gestellten Erwartung, bei der Entwicklung neuer, digitaler Geschäftsmodelle mitzuwirken, neigen IT-Verantwortliche dazu, mehr Aufgaben dauerhaft auszulagern. Der Mangel an Fachkräften fördert diesen Trend. Mit steigender Tendenz übertragen ­Unternehmen daher Aufgaben beim Betrieb der Infrastruktur, beim Schutz der IT-Systeme, aber auch beim Management von Cloud-Szenarien an Service Provider.

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Diese Entwicklung spiegelt sich in den Marktzahlen wider. So erhöhten sich die Umsätze mit Managed Services im vergangenen Jahr weltweit um 14,6 Prozent auf 185,1 Milliarden Dollar. Die Zahlen gehen aus der Studie „Trends in Managed Services 2018“ hervor, die der ­Software-Anbieter Solarwinds gemeinsam mit dem Analystenhaus The 2112 Group im Januar dieses Jahres vorgelegt hat. Für 2019 und 2020 prognostizieren die beiden Unternehmen ­einen Anstieg der globalen Managed-Services-Erlöse auf 208,3 Milliarden beziehungsweise auf 231,6 Milliarden Dollar. Die Zahlen entsprechen jährlichen Zuwächsen von mehr als elf Prozent. Der gesamte Markt für IT-Services wird den Analysten von IDC zufolge in diesem Jahr dagegen nur um 3,9 Prozent wachsen, und zwar auf 1.048,7 Milliarden Dollar.

Verantwortung

Anders als Professional Services wie etwa ­Beratung, Systemintegration oder die Implementierung von Anwendungen, die meist ­einmalig auf Projektbasis erbracht werden, handelt es sich bei Managed Services um wiederkehrende Leistungen, die IT-Dienstleister über einen gewissen Zeitraum für ihre Kunden erbringen. Art, Umfang und Qualität dieser Leistungen werden vorab in Form von Service Level Agreements (SLAs) zwischen beiden Parteien vereinbart. Damit übernehmen MSPs die Betriebsverantwortung für klar definierte Teilbereiche der IT ihrer Kunden. Üblicherweise werden Managed Services auf zeitlicher Basis, zum Beispiel monatlich, zu pauschalen Gebühren abgerechnet.

Im Leistungsspektrum von Systemhäusern spielen Managed Services heute eine signifikante Rolle. Laut der Solarwinds-Erhebung tragen sie bei Value Added Resellern (VARs) in Europa durchschnittlich 18 Prozent zum Umsatz bei. Über alle Arten von Channel-Partnern betrachtet, zu denen die Autoren der Studie auch IT-Beratungshäuser, MSPs und Systemintegratoren zählen, machen Managed Services einen Anteil von 24 Prozent der ­Erlöse aus. Bei Unternehmen, die sich in erster ­Linie als MSP verstehen, liegt dieser Anteil bei 38 Prozent. Auch für die Zukunft rechnen die Marktforscher damit, dass die Umsätze aus dem Dienstleistungsmodell stärker wachsen werden als Einnahmen aus anderen Geschäftsfeldern wie Hardware- und Software-Verkauf sowie Professional Services. Somit tragen ­Managed Services tendenziell zu einer Steigerung der Profitabilität im Channel bei. Denn mit einer durchschnittlichen Gewinnmarge von 22,5 Prozent sind sie deutlich profitabler als beispielsweise der Hardware-Verkauf, der in der Regel nur einstellige Margen abwirft.

Rentabilität

In puncto Profitabilität offenbart die Erhebung eine starke Abweichung zwischen den verschiedenen Partnertypen. So erzielen Systemhäuser mit Managed Services im Schnitt eine Marge von elf Prozent, während Beratungshäuser damit auf 28 Prozent und MSPs sogar auf 38 Prozent kommen. Offenbar zahlt sich Fokussierung bei diesem Dienstleistungsmodell aus. Denn durch den hohen Standardisierungsgrad der Services entstehen Skaleneffekte, wenn die Anzahl der Kunden steigt, sodass mit dem Volumen des Geschäfts auch die Rentabilität wächst. Zudem dürften fokussierte MSPs stärker in die Automatisierung ­ihrer Service-Prozesse investieren als traditionelle Systemhäuser, wodurch sich der Personalaufwand reduziert und im Gegenzug die Marge erhöht. Allerdings finden sich in der Studie keine Angaben dazu, welche Bezugsgrößen die Analysten verwenden, um die Profitabilität der Dienstleister zu ermitteln.

Bei den Leistungen, die als Managed Service erbracht werden, liegen Endpoint Management und Network Management im europäischen Channel an der Spitze. Die beiden Disziplinen gehören laut der Solarwinds-Studie bei 76 beziehungsweise 72 Prozent der Befragten zum Portfolio. Immerhin sieben von zehn Dienstleistern bieten nach eigenen Angaben die komplette Bandbreite an Services an. Im Ranking folgen Server Management (62 %), Backup & Disaster Recovery (59 %) und Managed Security (46 %).

Wiederkehrende Erlöse

Nach der Motivation befragt, antworten 84 Prozent der Studienteilnehmer, dass sie Managed Services anbieten, weil sei damit wiederkehrende Einnahmen erzielen. Der Vorzug des Modells liegt auf der Hand: Je größer deren Anteil am Umsatz, desto genauer lässt sich der künftige Geschäftsverlauf prognostizieren. ­Etwa ein Drittel der Befragten gibt an, dass sie mit ihrem Portfolio an Managed Services auf aktuelle Kundenbedürfnisse reagieren, dass sie damit ihre Kundenbasis verteidigen beziehungsweise dass sie darauf abzielen, neues ­Geschäftspotenzial zu erschließen. Immerhin 62 Prozent der Dienstleister planen, ihr Service-Angebot in diesem Jahr auszubauen. Bei weiteren 24 Prozent bleibt es konstant.

Noch verbessern müssen sich Unternehmen im europäischen Channel, was ihre Kompetenz als MSP angeht. Nahezu die Hälfte (49 %) besitzt demnach nur grundlegende Fertigkeiten, die noch ausbaufähig sind. Für Experten in puncto Managed Services halten sich 41 Prozent. Auf der anderen Seite fehlt bei fünf Prozent der Befragten selbst das Basiswissen. Unterm Strich investierten die Dienstleister zu zögerlich in Knowhow und Ressourcen, um ihr MSP-­Geschäft voranzutreiben, urteilen die Autoren der Studie. Einen Anteil von 11,9 Prozent der Nettoeinnahmen, den die Befragten im Durchschnitt dafür aufwenden, hält Solarwinds für zu wenig. Immerhin plant die Mehrheit, in diesem und im kommenden Jahr zusätzliches Geld in Plattformen für Remote Monitoring & Management (RMM) und Professional Services Automation (PSA) zu investieren. Beides sind technologische Hilfen, mit denen sich Effizienz und Skalierbarkeit des Service-Geschäfts erhöhen lassen.

Dedizierter Vertrieb

Technologie allein reicht allerdings nicht aus, wenn sich Systemhäuser langfristig als MSPs behaupten wollen. Managed Services versprechen ihnen zwar eine höhere Profitabilität als Produktverkauf und Professional Services, ein besser planbares Geschäft, als es die herkömmlichen, ­unregelmäßigen Projektzyklen erlauben, und ­enge, dauerhafte Beziehungen zu ihren Kunden. Der Weg dorthin ist jedoch alles andere als einfach. Durch die Umstellung auf ein Modell mit wiederkehrenden Erlösen verändert sich für VARs, deren Einnahmen traditionell aus dem Produktverkauf und einmaligen Projekten stammen, die Geschäftsmechanik von Grund auf. So müssen Vertriebsleute anders bonifiziert werden, da beim Abschluss der Dienstleistungsverträge keine hohen Summen anfallen. Deshalb ist es sinnvoll, für dieses Geschäft einen dedizierten Vertrieb zu beschäftigen. Unternehmen, die ihr Managed-Service-Angebot auf diese Weise vermarkten, verzeichnen der Solarwinds-Studie zufolge deutlich höhere Wachstumsraten als andere.

Eine erste Hürde bedeutet für Systemhäuser ­somit schon der Einstieg in das neue Modell. Weil ­Managed Services in der Regel monatlich abgerechnet werden, fließen anfangs nur relativ kleine Beträge, bis ein gewisser Stamm an Kunden aufgebaut ist. Einnahmen verschieben sich also zeitlich in die Zukunft. Nicht selten brechen in der Umstellungsphase aber Projekt­umsätze weg, die naturgemäß deutlich höher ausfallen würden als die Service-Gebühren. Daher können Liquiditätsengpässe entstehen. Hinzu kommt, dass der Aufbau eines MSP-Portfolios mit Investitionen in Personal, Wissen und Infrastruktur verbunden ist. Selbst für ein großes Haus wie Computacenter war ­dieser Prozess „ein steiniger Weg“, wie Reiner Louis, Deutschlandchef des Unternehmens, berichtet. Ähnlich äußern sich andere Entscheider aus dem deutschen Channel, die IT-BUSINESS dazu befragt hat (s. Bildergalerie).

Preisdruck

Eine Herausforderung stellt für alle Akteure der Preisdruck dar, der sich auch bei Managed Services bemerkbar macht und sich an sinkenden Preisen für Basisdienste ablesen lässt. So beobachtet man bei Solarwinds die Tendenz, dass Kunden bei wiederkehrenden Leistungen dazu neigen, deren Wert mit der Zeit geringer einzuschätzen. Oft fordern sie daher „Preiszugeständnisse oder vermehrte Dienstleistungen bei gleichem Preispunkt, wenn eine Verlängerung des Vertrags ansteht“. Verschärft wird der Druck durch das zunehmende Angebot an ­Managed Services. Angesichts dieser Tendenz erhalten Provider ihre Profitabilität oder verbessern sie sogar, indem sie durch einen höheren Automatisierungsgrad mit gleichem Personal mehr Leistungen erbringen. Vom wachsenden Wettbewerb ­können sie sich abgrenzen, indem sie höherwertige, veredelte Services anbieten, die über Basisleistungen hinausgehen und den Kunden ­somit einen größeren Nutzen versprechen.

Nicht thematisiert wird in der Solarwinds-Studie die Frage, wo die technologische Basis der Managed Services betrieben wird. Im ­Datacenter des MSPs? Bei einem Hosting Provider? Bei einem Hyperscaler? Eine Antwort darauf gibt der aktuelle „2019 MSP Benchmark Survey“ des RMM-Spezialisten Kaseya: „Die Mehrheit der MSPs (70 %) setzt auf Cloud, um die Infrastruktur ihrer Kunden zu hosten.“ ­Dabei handelt es sich um eine weltweite Zahl, die nicht regional aufgeschlüsselt wird. In Deutschland, wo der Mittelstand lange skeptisch in puncto Cloud war, dürfte der Wert noch um einiges von 70 Prozent entfernt sein.

Aber auch hierzulande hat sich eine neue ­Kategorie von MSPs etabliert, die Managed Cloud Provider, die für Kunden nicht nur ­Architekturen in der Cloud aufbauen, sondern sie auch dauerhaft betreiben. Manche konzentrieren sich dabei auf einen Hyperscaler. ­Andere haben Kompetenz für AWS, Google und Microsoft erworben. Kaseya zufolge zählt Cloud Management mit einer Zuwachsrate von 49 Prozent zu den Services, bei denen die Nachfrage besonders stark steigt. Desktop, Server und Network Management sind demnach die verbreitetsten Angebote. Am stärksten wächst mit 66 Prozent aber die Nachfrage nach Managed Security Services.

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