Ausbau des Channels Google Cloud macht sich bereit für die kritischen Workloads

Autor Michael Hase

Die Cloud ist reif für SAP und andere geschäftskritische Anwendungen. Darin sieht man bei Google Cloud großes Potenzial. Nord-EMEA-Chef Daniel Holz, selbst lange bei den Walldorfern tätig, stellt seine Organisation und den Channel auf die nächste Wachstumsphase ein.

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Unternehmen gehen immer häufiger dazu über, geschäftskritische Anwendungen wie ERP-, CRM- oder HR-Systeme in der Cloud zu betreiben.
Unternehmen gehen immer häufiger dazu über, geschäftskritische Anwendungen wie ERP-, CRM- oder HR-Systeme in der Cloud zu betreiben.
(Bild: Funtap - stock.adobe.com)

Die Beziehungen zwischen Google Cloud und SAP sind über die vergangenen zwei Jahre sichtbar enger geworden. Nicht nur, dass einige hochkarätige Manager von dem Walldorfer Software-Konzern zu dem ­Hyperscaler gewechselt sind, allen voran der SAP-Veteran Robert Enslin, zuletzt President der Cloud Business Group, der im ­April 2019 als weltweiter Vertriebschef zu Google Cloud ging. Ende desselben Jahres startete der Provider das „Cloud Acceleration Program for SAP customers“. Mitte 2020 eröffnete wiederum SAP in Frankfurt / Main ein dediziertes Rechenzentrum, in dem ERP-Systeme für Kunden ausschließlich auf der Google Cloud Platform (GCP) betrieben werden.

SAP propagiert das Intelligent Enterprise, das seine Geschäftsprozesse mit smarten Business-Lösungen automatisiert“, erläutert Daniel Holz, Vice President EMEA North bei Google Cloud. „Wir ergänzen diesen Ansatz um das Modell des Data Driven Enterprise, indem wir Unternehmen mit fortgeschrittenen Services helfen, ihre Datenschätze über alle Quellen hinweg nutzbar zu machen.“ Dabei sind die Aufgabenfelder klar abgegrenzt, sodass der Cloud Provider dem Software-Anbieter keine Konkurrenz macht, wie der Manager ausführt: Google stelle eine stabile Infrastruktur und eine Plattform bereit, die zahlreiche innovative Services, nicht zuletzt solche aus Gebieten wie Künstlicher Intelligenz und Machine Learning, bietet. „Wir werden selbst aber keine Standardapplikationen wie SAP, Salesforce oder Workday, um nur drei zu nennen, entwickeln.“

Der promovierte Betriebswirt trat seinen Job bei Google Cloud im Oktober 2020 an. Zuvor arbeitete Holz zwölf Jahre lang bei SAP, zuletzt als Geschäftsführer der deutschen Landesgesellschaft. Für seine jetzige Rolle als VP EMEA North, in der er das ­Geschäft des Hyperscalers in den Regionen DACH, Skandinavien und Osteuropa verantwortet, warb ihn Sales-Chef Enslin ­persönlich an. Vorübergehend nimmt der ­Manager auch die Funktion des Deutschlandchefs wahr, bis die Nachfolge für die bisherige Geschäftsführerin Annette Maier, die das Unternehmen zum Jahresende verlassen hat, geregelt ist.

Automatisierung und Agilität

Dass sich Google stärker in Richtung SAP orientiert, ist konsequent. Längst wird Cloud nicht mehr nur als Computing-Modell gesehen, das sich primär für ­Entwicklungsumgebungen, Teststellungen oder als Puffer für Lastspitzen eignet. Vielmehr betreiben Unternehmen immer häufiger geschäftskritische Anwendungen auf Hyperscaler-Plattformen. Oft geht es dabei um die Software aus Walldorf. Schon 2018 ermittelte Crisp Research im Rahmen einer Studie, dass fast zwei Drittel der SAP-Anwender planen, zumindest Teile ihrer Systeme in die Cloud zu migrieren, und 13 Prozent sogar eine All-in-Strategie verfolgen.

Als Vorteile des IaaS-Modells sahen die Befragten vor allem die globale Verfügbarkeit der ­Infrastruktur, einen höheren Automatisierungsgrad der SAP-Umgebung, eine größere Agilität und schnellere Umsetzung von Innovationen sowie ein höheres Tempo bei der Digitalisierung. Mittlerweile forciert der badische Konzern die Entwicklung. Mit dem Angebot „Rise with SAP“, das der Software-Riese im ­Januar dieses Jahres vorgestellt hat, treibt er bei Kunden auf breiter Front die Cloud-Transformation voran.

Auch wenn SAP-Anwender offenbar bereit sind, mit ihren Systemen in die Cloud zu gehen, so setzen die meisten doch auf ­eine hybride Strategie und planen, einen Teil ihrer ERP-Landschaft weiterhin On Premises zu betreiben. Dabei richtet sich Google nach der IT-Strategie der Kunden, versichert EMEA-Manager Holz. Gleichwohl spricht er eine Empfehlung aus: „Aus unserer Sicht ist es sinnvoll, wenn Unternehmen alle Systeme migrieren, weil sie dann ihre gesamte Geschäftslogik durchgängig in der Cloud abbilden und mit Artificial Intelligence und Machine Learning anreichern können.“ Auf diese Weise profitieren sie dem ERP-Experten zufolge von eben den Vorteilen, die bereits in der zitierten Crisp-Studie genannt werden. Zudem ist er davon überzeugt, dass Kunden, die ihre Anwendungen konsequent in der Cloud betreiben, Kosten senken. „Und diese Einsparungen ermöglichen es ihnen, mehr Geld in die Entwicklung ihres Geschäftsmodells und ­ihrer digitalen Skills zu investieren.“

Wachstumsmarkt Mittelstand

Google Cloud eignet sich freilich auch als Plattform für andere kritische Anwendungen als SAP. Die Software mag im Enterprise-Segment als De-facto-Standard gelten. Immerhin läuft sie nach Angaben des Herstellers bei 92 Prozent der 2.000 größten Konzerne weltweit. Bei kleinen und mittelgroßen Unternehmen ist die Durchdringung mit SAP-Systemen aber längst nicht so hoch. Auch in diesem Segment ­möchte Holz mehr Kunden für den Hyperscaler gewinnen. „Der Mittelstand hat enorme Bedeutung für uns.“ Dort wachse das ­Geschäft in seiner Region bereits stark. „Ein Schwerpunkt im Vertrieb liegt aber darauf, dass wir das Team in diesem ­Bereich aufstocken, um den Mittelstand noch besser bedienen zu können.“

Was die vertikale Verteilung der Kunden betrifft, so wird Google Cloud bereits stark im Finanzdienstleistungssektor und im Handel genutzt, wie Holz berichtet. Potenzial sieht er dagegen noch in der fertigenden Industrie und bei digitalen ­Startups, wo er die Vertriebsaktivität ­intensivieren möchte. Prinzipiell kommt der Hyperscaler als Anbieter für Organisationen jeder Größe und jeglicher Branche in Frage. Mit seinem Portfolio könne er ihnen helfen, dass sie „sich zu kundenzentrierten und datengesteuerten Unternehmen entwickeln“, so Holz weiter. „Dafür benötigen sie zwei Dinge: ein stabiles Fundament, das wir mit unserer Infrastruktur bereitstellen, und fortschrittliche Services, die den Mehrwert unserer Plattform ausmachen.“

Ich habe nichts dagegen, wenn der Anteil des Umsatzes, den wir über unsere Partner erzielen, auf 100 Prozent wächst.

Daniel Holz, Vice President EMEA North bei Google Cloud

Einen wesentlichen Beitrag bei der Vermarktung von Google-Diensten leisten Partner. Sie beraten Kunden, designen Cloud-Architekturen, migrieren Workloads, entwickeln Cloud-native Applikationen oder unterstützen Anwender beim Betrieb. „Kein Deal ohne Partner“, gab Bernd Stopper, Channel-Verantwortlicher für die Region EMEA North, im vergangenen Jahr als Parole aus. Aktuell sind Dienstleister bereits in etwa neun von zehn Google-Cloud-Projekten involviert. Das Unternehmen stattet sein eigenes Professional-Services-Team bewusst mit begrenzten Ressourcen aus, um Leistungen wie Beratung, Implementierung und Betriebssupport vor allem den Partnern zu überlassen.

Holz möchte den Channel auch stärker in den Vertriebsprozess und in den Verkauf von Services einbinden. „Ich habe überhaupt nichts dagegen, wenn der Anteil des Umsatzes, den wir über unsere Partner erzielen, auf 100 Prozent wächst. Denn sie helfen uns, das Geschäft zu skalieren.“ Der Cloud Provider habe bereits in den vergangenen beiden Jahren das Partnernetzwerk in der Region massiv ausgedehnt und werde es weiter ausbauen.

SAP-Beratungshäuser im Fokus

Zum Google-Channel gehören verschiedene Typen von Unternehmen wie globale Systemintegratoren, klassische Systemhäuser und spezialisierte Dienstleister, von denen einige erst mit der Cloud entstanden sind. Eine weitere Zielgruppe möchte Holz jetzt verstärkt angehen: SAP-Beratungshäuser. Denn der Nord-EMEA-Chef beobachtet bereits, dass die aktuellen Initiativen der Walldorfer eine große Welle der Nachfrage nach Cloud-Angeboten auslösen, und dafür möchte er Google rüsten. Dass der Hyperscaler die neu geschaffene Position des Director Partner Business für den deutschen Markt im März dieses Jahres mit dem SAP-Experten Dietmar Meding besetzt hat, dürfte kein Zufall sein.

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