Channel-Fokus: AV & Digital Signage Digital Signage im Höhenflug
Derzeit läuft es gut für die Digital-Signage-Branche: Die digitale Außenwerbung legt kräftig zu, und auch der Bildungsbereich verspricht Wachstum. Bei den Technologien stehen Micro-LED, Touch und die Integration mit ERP-Systemen im Fokus.
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Auf 40 Milliarden US-Dollar wird der Markt für professionelle Displays bis zum Jahr 2023 wachsen. Davon geht das britische Marktforschungsinstitut Futuresource Consulting aus. Für die Branche, die sich ab 11. Februar auf der Digital-Signage-Messe ISE in Amsterdam ein Stelldichein gibt, bedeutet das ein stabiles Wachstum um etwa 2,8 Prozent für die kommenden Jahre. Sie werden zu einem guten Teil von der digitalen Außenwerbung getragen, da klassische Plakate zunehmend durch Displays abgelöst werden, wie man leicht selbst feststellen kann, wenn man aufmerksam durch die Einkaufsmeilen in Innenstädten, Bahnhöfen oder Flughäfen läuft. Sie sind zwar kostspieliger in der Anschaffung, können aber die Aufmerksamkeit des Zielpublikums durch schnell wechselnde Motive, Videos und Informationshäppchen wie Nachrichtenclips besser fesseln als statische Plakate.
Indoor sind interaktive Lösungen auf dem Vormarsch. Durch das Smartphone an Touch gewöhnte und schnelle Antworten erwartende Kunden können sich selbst informieren und müssen nicht erst nach dem Verkaufspersonal Ausschau halten. In Selbstbedienungsrestaurants läuft inzwischen selbst die Bezahlung über das Touch-Terminal, das die Bestellung aufnimmt. Dieser Trend wird mit einer weiteren Verbreitung der Bezahlung per NFC und via Smartphone noch zunehmen.
Displays: LCD bleibt stark und Mini- sowie Micro-LED wächst
Der Löwenanteil der für Digital-Signage-Lösungen verwendeten Displays basiert auch weiterhin auf der LCD-Technik, inzwischen meist mit einem IPS-Panel. Die Technologie ist ausgereift und zuverlässig, und auch Panels mit 4K-Auflösung werden immer günstiger. Daher sagt Futuresource für 2020 auch voraus, dass erstmals die Zahl der verkauften 4K-Displays die der Full-HD-Modelle übersteigen wird. Generell dominieren Geräte mit einem 16:9-Auflösungsverhältnis, aber auch das Angebot an Bar-Type-Displays wächst. Sie werden vor allem in Ladengeschäften eingesetzt, um etwa den Raum oberhalb von Regalen für die Produktpräsentation zu nutzen.
Auf der ISE präsentieren etliche Hersteller Displays mit 8K-Auflösung. Sie bleiben durch hohe Preise und den nötigen sehr hochwertigen Content vorerst noch in der Nische. Anders sieht es mit großformatigen Touch-Displays aus. Hier ist nicht nur der Einsatz im öffentlichen Raum weiter im Kommen, sondern auch die Nutzung in Firmen und vor allem in der Schule. In Firmen dienen intelligente Displays mit Touch und Stift als Plattform für Präsentationen, für die gemeinsame Arbeit an Konzepten und, ausgestattet mit Kamera und Mikrofonen, auch als Kommunikationsgerät. In Schulen werden zunehmend Smart-Displays als interaktiver Ersatz für Tafeln oder analoge Whiteboards installiert. Dafür stellen Bund und Länder im Rahmen des Digitalpakts Schule auch Gelder bereit.
OLED-Displays mit ihrer kompakten Bauform und perfektem Schwarz werden zwar bei Smartphones und TV-Geräten der Oberklasse immer breiter eingesetzt, können aber im Digital-Signage-Sektor die Dominanz der LCD-Technik nicht brechen. Die auch doppelseitig extrem schlanken und zudem sogar biegsamen Panels sind im Vergleich sehr kostspielig und durch ihre filigranen Anschlüsse relativ empfindlich. Die Burn-in-Probleme der OLED-Panels der ersten Generation gehören dagegen laut dem Brancheninformationsdienst Invidis der Vergangenheit an. OLEDs finden ihren Einsatz vor allem im Premium-Retail-Sektor mit optisch spektakulären Installationen. Hier ist der Preis der Displays zweitrangig. Neue Einsatzbereiche erschließen transparente OLED-Panels, mit denen sich auch ohne Brille Effekte wie bei Hologrammen ermöglichen lassen.
Ein wachsendes Segment sind Mini- und Micro-LED-Displays. Ihre höhere Auflösung durch einen kleineren Pixel-Pitch im Bereich von einem Millimeter und darunter ermöglicht nun auch den Indoor-Einsatz als Alternative zu großen LCD-Displays und vor allem herkömmlichen Videowalls. Bei großen LCD-Screens mit 98 Zoll Diagonale führt deren Größe inzwischen zu erheblichen Probleme bei Transport und Montage, so Markus Hollerbaum, Geschäftsführer beim Distributor Siewert & Kau. Die Geräte passen verpackt nicht mehr in viele Aufzüge und sind mit einem Gewicht um die 80 kg bei der Wandmontage schwierig in der Handhabung. Bei Videowalls sind zwar die Stege immer schmaler geworden und nur noch wenige Millimeter breit, aber sie sind immer noch vorhanden und stören die Optik. Die LED-Displays sind dagegen aus relativ kleinen Cabinets aufgebaut, die in eine Trägerkonstruktion eingehängt und verkabelt werden. Die einzelnen Module sind randlos und lassen sich zu Displays in praktisch beliebiger Größe und Form kombinieren, bei denen keine Stege das Bild beeinträchtigen. Zudem liefern die Mini- und Micro-LED-Displays mit ihren selbstleuchtenden Pixeln ähnlich gute Schwarzwerte wie OLEDs, eine sehr gute HDR-Darstellung, und sie benötigen dafür relativ wenig Energie. Im Gegensatz zu älteren LED-Walls ist hier auch die Kalibrierung der Farbdarstellung kein Problem mehr. Während hier alle Module idealerweise aus LEDs aufgebaut sein sollten, die aus einer Charge stammen, soll das vor allem bei Micro-LEDs nicht mehr notwendig sein. Auch das aufwändige und kostspielige Einlagern von Modulen für eine spätere Verwendung als passendes Ersatzteil entfällt.
Allerdings sind die extrem kleinen LEDs, bei Mini-LED zwischen 100 und 200 μm und bei Micro-LED kleiner als 100 μm, noch sehr kostspielig. Für eine 4K-Installation mit 146 Zoll Diagonale sind sechsstellige Beträge fällig. Das könnte sich in den kommenden Jahren ändern, da nun auch chinesische Hersteller in die Produktion einsteigen und damit die Verfügbarkeit steigt. Bislang dominieren Lösungen aus Südkorea, Japan und Taiwan.
Projektion: Laser und LED auf dem Weg zum Mainstream
Keinesfalls abschreiben darf man die Projektoren als Lösung für die Darstellung großformatiger Bilder und Videos. Mehr als ein Drittel des Gesamtmarkts für visuelle Lösungen werden durch sie abgedeckt. Bei den Beamern setzt sich der Trend hin zu Laser oder LED als Lichtquelle weiter fort. Bei Installationsgeräten mit hoher Lichtstärke kommen inzwischen fast ausschließlich Laserdioden zum Einsatz. Sie bieten nicht nur eine sehr lange Lebensdauer mit inzwischen bis zu 30.000 Stunden, sondern zudem die Möglichkeit, die Geräte in praktisch jeder Orientierung zu montieren. Das ermöglicht komplexe Installationen, bei denen etwa in Kuppeln oder Tunneln projiziert wird oder bei denen mit Projektionsmapping dreidimensionale Objekte oder gar komplette Gebäude mit angepassten Bildern oder Videos bespielt werden.
Ein wachsendes Segment unter den Projektoren sind Kurzdistanz- oder Ultrakurzdistanzbeamer mit Laser oder LED. Sie sind auch bei beengten Raumverhältnissen eine Alternative zu Displays oder Videowalls. Kombiniert mit einem Kamerasystem mit Stift- und Gestenerkennung bieten sich die Geräte auch für den Einsatz in der Schule an. Hier dient ein herkömmliches analoges Whiteboard als Projektionsfläche, das von eher traditionell eingestellten Lehrkräften weiter genutzt werden kann.
Player: ARM und Android auf dem Vormarsch
Die Integration immer leistungsfähigerer ARM-SoCs in LCD- oder OLED-Displays macht den Einsatz externer Player meist überflüssig. Die meisten Hersteller setzen Android als Betriebssystem für den Player und das vorinstallierte CMS ein. Die koreanischen Branchenriesen Samsung und LG beschreiten mit Tizen und WebOS Sonderwege und propagieren hier ihre eigenen Ökosysteme. In interaktiven Displays mit komplexer Software kommen dagegen noch häufiger PCs als externes Gerät oder als Einschublösung zum Einsatz. Mit OPS (Open Pluggable Specification), OPS+ und SDM (Smart Display Module) hat Intel Formate für Rechner geschaffen, die einfach in Displays eingeschoben werden. Die sehr flachen SDM-Rechner passen selbst in Displays mit geringer Bautiefe, liefern mit Core-Prozessoren aber trotzdem eine hohe Rechenleistung. Bei LED-Walls und Projektoren sind externe Player noch die Regel. Allerdings kommen inzwischen auch erste Projektoren mit integriertem Android-Rechner auf den Markt.
Das Backend geht in die Cloud
Das Backend für die CMS-Lösungen wandert zunehmend in die Cloud. Für einfachere Aufgaben reichen die herstellerspezifischen Content-Management-Systeme aus, bei denen die lokale Komponente auf den SoCs der Displays installiert ist. Bei komplexeren Aufgaben kommen Speziallösungen zum Einsatz, die beispielsweise über die Cloud-Plattformen der Distributoren bezogen werden können. Sie bieten die Möglichkeit der Integration verschiedener Kanäle, bei denen etwa die Inhalte auf Videowalls und digitalen Preisschildern mit zusätzlichen Informationen auf Touchpanels, Apps für Smartphones oder Online-Angeboten kombiniert werden können. Das Zusammenspiel mit zusätzlichen Sensoren wie Kameras erlaubt die Einbindung von KI-basierten Datenanalysen und die Ausgabe von an den Betrachter angepassten Inhalten.
Da solche Lösungen höhere Anforderungen an die Vernetzung und das Zusammenspiel von Hard- und Software stellen, können hier IT-Systemhäuser mit ihrer Kompetenz punkten. 5G und Wi-Fi 6 bieten die Möglichkeit, auch ohne LAN-Anbindung hochauflösende Inhalte zu übertragen oder interaktive Lösungen zu verwirklichen.
Diese komplexeren Softwarelösungen mit interaktiven Elementen und Datenanalyse werden als „Digital Experience-Plattform“ (DXP) bezeichnet. Dieses relativ neue Marktsegment ist inzwischen so bedeutend, dass das Marktforschungsinstitut Gartner dafür einen eigenen Magic Quadrant eingerichtet hat. Neben vielen Startups, die etwa Cloudlösungen aus Microservices anbieten, oft auf Basis von AWS oder Azure, engagieren sich hier auch Schwergewichte wie Adobe, Salesforce oder SAP. Daneben haben auch wichtige Softwareanbieter aus dem DOOH-Umfeld ihre Lösungen durch Zukauf passender Firmen zu kompletten DXP-Lösungen erweitert. Für die Digital-Signage-Branche sind vor allem DXPs interessant, die eine Weiterentwicklung von CMS-Lösungen darstellen.
Einfachere Varianten nutzen den zusätzlichen Input von Mobilgeräten, Touch-Displays oder Kameras für die Bereitstellung zielgruppenspezifischer Angebote, um den Verkauf von Produkten zu beschleunigen. Hier wird in der Regel mit anonymisierten Kundendaten gearbeitet oder es kommen Verfahren zum Einsatz, mit denen potenzielle Kunden durch Kameras erfasst und kategorisiert werden. Bei komplexen Lösungen stellt Digital Signage nur einen von mehreren Kanälen dar. Hier geht es darum, ein möglichst komplettes Bild des Kunden zu gewinnen und ihn mit Hilfe von CRM-Komponenten langfristig zu binden. Zudem sollen Inhalte automatisiert über verschiedene Kanäle verteilt und aktualisiert werden.
Ein weiterer Bestandteil von DXPs kann die Anbindung an ERP-Systeme darstellen. Hier kann die Präsentation bestimmter Produkte automatisch an deren aktuellen Lagerbestand gekoppelt werden. Eine weitere Schnittstelle zum Digital Signage ist die Nutzung von Touchscreens nicht nur für die Beratung der Kunden, sondern auch für den Kauf und die Bezahlung von Produkten. Ähnlich wie bei E-Commerce-Webseiten kann hier der Kunde etwa auf andere Produkte, auf Bonusprogramme oder Social-Media-Auftritte hingewiesen werden.
DXP-Lösungen werden im aller Regel als Service vertrieben, stellen aber allein durch den Umgang mit sensiblen Kundendaten hohe Anforderungen an die Datensicherheit und an die Schulung der Mitarbeiter. Auch bei der Wahl der passenden Digital Experience-Plattform sollte der Channel die Kunden unterstützen, da es sich hier um sehr komplexe Systeme handelt.
Corporate Signage als integrierte Lösung
Einen höheren Grad an Komplexität gibt es nicht nur bei Digital-Signage-Lösungen für den Handel, sondern auch bei Corporate-Signage-Lösungen. Hier reicht es heute nicht mehr aus, nur einfach ein Smart-Display an die Wand zu hängen, sondern die Geräte werden in Raumplanungs- und Kommunikations- und Kollaborationssysteme eingebunden. Weitere Elemente sind hier digitale Türschilder, die über die Raumbelegung informieren, digitale schwarze Bretter als zusätzliches Mittel der innerbetrieblichen Kommunikation. Dazu kommen Optionen wie die KI-gestützte Analyse der Auslastung von Meetingräumen für eine effizientere Nutzung oder die Integration mit Smart-Building-Systemen.
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