Channel Fokus: Managed Services Die Zukunft für MSPs liegt in der Cloud

Autor Michael Hase

Viele Managed Service Provider betreiben schon heute Teile der IT ihrer Kunden in der Cloud. Durch den Zulauf zu den Hyperscalern, der mit einem Mangel an Knowhow und Ressourcen auf Anwenderseite einhergeht, wird diese Dienstleistung weiter an Bedeutung gewinnen.

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70 Prozent der MSPs weltweit betreiben laut einer Kaseya-Studie einen Teil der IT ihrer Kunden bei einem Hyperscaler.
70 Prozent der MSPs weltweit betreiben laut einer Kaseya-Studie einen Teil der IT ihrer Kunden bei einem Hyperscaler.
(Bild: © natali_mis - stock.adobe.com)

Managed Services sind im Channel angekommen. Bei Systemhäusern in ­Europa tragen sie mittlerweile fast ein Fünftel zu den Erlösen bei. Die Zahl geht aus der Studie „Trends in Managed Services 2018“ hervor, die der Software-Anbieter Solarwinds MSP im April dieses Jahres veröffentlicht hat. Bei Dienstleistern, die sich in erster Linie als MSP verstehen, liegt der Anteil sogar bei 38 Prozent. Die Autoren der Studie rechnen damit, dass die Erlöse aus Managed Services im Channel weiterhin stärker wachsen werden als Einnahmen aus anderen Tätigkeitsfeldern wie Hardware- und Software-Verkauf oder Professional Services.

Allerdings verbindet nicht jeder exakt das Gleiche mit dem Dienstleistungsmodell, das zudem nicht immer klar von Outsourcing und Wartungsverträgen abgegrenzt wird. Unstrittig sind lediglich die beiden Kernkriterien, dass es sich bei Managed Services – anders als bei einmalig erbrachten Beratungs- und Integrationsleistungen (Professional Services) – um dauerhafte Leistungen handelt und dass Dienstleister damit Betriebsaufgaben für ihre Kunden in einem klar definierten IT-Segment erfüllen. In der Praxis gibt es zahlreiche unterschiedliche Ausprägungen des Modells. Das Spektrum reicht von ­Betriebsleistungen, die Systemhäuser bei Unternehmen vor Ort (Onsite) erbringen, über ­Remote-Services zum Management von On-Premises-Systemen bis hin zu Leistungen, die Provider auf von ihnen selbst betriebenen Infrastrukturen als Service bereitstellen.

Bereitstellung in der Cloud

Darüber hinaus nutzen MSPs zur Bereitstellung statt eigener Infrastrukturen immer häufiger Cloud-Plattformen, weil sie ein höheres Maß an Skalierbarkeit und ausgefeiltere Möglichkeiten der Automatisierung bieten. Der Solarwinds-Rivale Kaseya sieht weltweit einen klaren Trend hin zu diesem Modell. Im „2019 MSP Benchmark Survey“ des Anbieters heißt es, dass 70 Prozent der Provider „derzeit einen Teil der IT ihrer Kunden in einer Public-Cloud-Umgebung“ managen. Die Autoren der Studie schlüsseln die ­globale Zahl allerdings nicht nach Regionen auf. In Deutschland, wo der Mittelstand ­lange skeptisch gegenüber der Cloud war, ist der Wert vermutlich noch niedriger.

Wie dem auch sei: Die wachsende Nachfrage nach Managed Services und die auch hierzulande zunehmende Nutzung der Hyperscaler gehen Hand in Hand und bedingen einander. Der Grund dafür liegt schlicht in mangelnden Fähigkeiten auf ­Anwenderseite. Denn viele Unternehmen sehen sich nicht nur außerstande, Cloud-Architekturen zu designen und Workloads dorthin zu migrieren. Auch für den anschließenden Betrieb der Cloud-Umgebung fehlen ihnen häufig Knowhow und Ressourcen. An der Stelle kommen MSPs ins Spiel, die diese Aufgabe für sie erledigen. In dem Kontext spricht man von Managed Cloud Providern. Gerade mittelständische Unternehmen nutzen vermehrt deren Dienste, „da sie die steigenden Herausforderungen ­einer Hyperscale Public Cloud in puncto Kostenoptimierung, 24 / 7-Monitoring oder Security mit eigenem Personal nicht mehr stemmen können“, wie Holger Müller, COO beim Kölner Managed Hosting Provider PlusServer, beobachtet.

Support-Bedarf im Mittelstand

Die Einschätzung, dass der Bedarf an Support bei der Hyperscaler-Nutzung im deutschen Mittelstand groß ist, wird ­bestätigt durch die Studie „Managed Cloud Innovation“, die Crisp Research im Dezember 2018 vorgelegt hat. Demnach wollen 71 Prozent der befragten Mittelständler die Betriebsverantwortung für ­ihre Cloud-Umgebung an einen oder mehrere Managed Cloud Provider übertragen. Nur 22 Prozent der Unternehmen planen demgegenüber einen Betrieb in Eigenregie. Bei den übrigen sieben Prozent werden sich eigene Mitarbeiter und ein MSP die Aufgaben teilen. Die große Mehrheit im Mittelstand möchte Hyperscaler-Angebote offenbar als voll gemanagten Service nutzen. Dagegen scheinen die Ambitionen, selbst spezifische Kompetenz dafür aufzubauen, in dieser Zielgruppe wenig ausgeprägt zu sein.

Den Betrieb von Cloud-Szenarien als Service anzubieten, birgt somit für Dienstleister enormes Wachstumspotenzial. Das ist nicht nur in Deutschland so. Laut der zitierten Kaseya-Studie zählt Cloud Management mit einer Zuwachsrate von 49 Prozent weltweit zu den Managed-Service-Angeboten, deren Umsätze sich im Jahresvergleich am stärksten entwickelt haben. Bei 54 Prozent der MSPs gehört es bereits zu den wichtigsten ­Bestandteilen des Portfolios, wie aus dem Bericht „MSPs im Jahr 2019“ des Backup-Spezialisten Datto hervorgeht.

Verschiedene Dienstleistertypen

Hierzulande gibt es mittlerweile etliche Dienstleister unterschiedlichen Typs, die als Managed Cloud Provider agieren: ­Beratungshäuser, Systemintegratoren, Born-in-the-Cloud-Firmen, Hosting Provider und Systemhäuser. ­Einige besitzen Kompetenz für mehrere Hyperscaler, ­andere fokussieren sich auf einen. Crisp Research differenziert zudem zwischen Managed Public Cloud Providern und Managed Hybrid Cloud Providern. Erstere betreiben Workloads ausschließlich auf Hyperscaler-Plattformen. Letztere übernehmen dagegen auch Betriebsverantwortung für private Infrastrukturen. Ihre Leistung besteht darin, die On-Premises-Landschaft von Unternehmen in die Cloud zu erweitern und die ­hybride Umgebung für sie zu managen.

Cloud Management gehört bislang allerdings erst bei einer Minderheit der Systemhäuser zum Portfolio. Den Grund dafür sehen die Analysten von Crisp in der „mangelhaften Fähigkeit“ vieler, sich „aus der Komfortzone zu bewegen“ und ernsthaft auf die Zukunft auszurichten. In ­ihrer Übersicht der führenden Provider finden sich vor allem große Häuser wie Axians, Bechtle, Cancom und Computacenter. Dennoch gibt es Systemhäuser mit deutlich weniger als 100 Mitarbeitern, die bereits erfolgreich Cloud-Szenarien für ihre Kunden betreiben. Bei Cyberdyne in Köln beispielsweise handelt es sich dabei um „das Segment, das bei uns aktuell am stärksten wächst“, wie Ralph Friederichs, Gründer und Geschäftsführer des Unternehmens, berichtet. „Wir haben fast kein Projekt mehr, in dem wir nicht Managed Cloud Services integrieren.“

Vor einigen Jahren, als die As-a-Service-Welle an Fahrt aufnahm, überlegte Friederichs zunächst, ein eigenes Rechenzentrum aufzubauen. Letztlich gab er den Plan jedoch auf und entschied sich als langjähriger Microsoft-Partner dafür, sich auf das Geschäft mit Office 365 und ­Azure zu konzentrieren und auf Basis der Public-Cloud-Plattform eigene Managed Services bereitzustellen. Mit diesem ­Angebot trifft das Systemhaus nach den Worten des Geschäftsführers bei seiner mittelständischen Klientel einen Bedarf. Cyberdyne habe heute „fast keinen Kunden mehr, der nicht hybrid arbeitet“. Manche seien mit ihrer IT sogar schon „zu 100 Prozent in der Cloud“.

Unterschiedliche Betriebskonzepte

Eine ähnliche Strategie verfolgt man bei Basys Bartsch in Bremen. Das Systemhaus nutzt ebenfalls Azure, um eigene Managed Services zu erbringen. So übernehmen die Hanseaten für Kunden beispielsweise Monitoring und Wartung virtueller Maschinen, analysieren den Verbrauch, oder sie kümmern sich um den Storage, überwachen I / O-Geschwindigkeit und Verfügbarkeit der Daten. Für andere Kunden stellen sie komplette Services bereit, die den gesamten Stack von den virtuellen Maschinen über Storage und Middleware bis zur Applikation einschließen. „Bei den Betriebskonzepten gibt es unterschiedliche Spielarten“, erläutert Michael Hollmann, Senior Consultant bei Basys Bartsch.

Der Bremer Experte begann schon vor einigen Jahren damit, Cloud-Kompetenz aufzubauen, zunächst im eigenen Systemhaus Hollmann IT, ehe er sich im vergangenen Herbst dem lokalen Mitbewerber anschloss. Der Schwerpunkt seines Geschäfts liegt aber noch nicht auf ­Managed Services, sondern auf Consulting. Bei Kunden gebe es immer noch „viel Beratungsbedarf in puncto Cloud“, nennt Hollmann als Grund dafür. Manche seien sich unsicher, „ob sie den Weg überhaupt gehen sollen“. Ihnen Möglichkeiten aufzuzeigen, Datenschutz- und Technologiethemen mit ihnen zu diskutieren, das mache den größten Teil der tagtäglichen Arbeit seines Teams aus.

Reselling allein ist zu wenig

Nichtsdestotrotz erkennt er in Managed Cloud Services „einen lukrativen Markt“ für Basys Bartsch. „Ich bin der Meinung, dass wir dort noch ein Riesenpotenzial haben. Als Systemhaus müssen wir die richtigen Nischen suchen und ­individuelle Service-Angebote für unsere Kunden schaffen, die andere so nicht bieten können.“ Nur Cloud-Leistung mit ­einem Aufpreis weiterzuverkaufen, wie er das häufig im Channel beobachtet, sei zu wenig. Viele Partner richten ihr Geschäftsmodell nach Einschätzung Hollmanns deutlich zu langsam auf die Cloud aus.

Für viele Systemhäuser sind Hyperscaler aber einfach zu komplex. „Gerade für kleinere Partner ist das starker Tobak“, bestätigt Henning Meyer, Geschäftsführer von Acmeo. Der Distributor aus Hannover begleitet Fachhändler seit etlichen Jahren bei der Transformation zum MSP. Bei kleineren Systemhäusern hält es Meyer für sinnvoll, einfachere Plattformen wie 1&1 Ionos Enterprise Cloud oder Busymouse zu nutzen, um IT-Leistung für Kunden in einem Betreibermodell bereitzustellen. Gleichwohl steht für den Acmeo-Chef außer ­Frage, dass AWS, Azure und Google weiter stark wachsen werden. „Dass sich Systemhäuser damit befassen, wie sie deren Angebote managen, ergibt deswegen viel Sinn.“ Mit den Management-Konsolen, die der VAD vertreibt, biete er seinen Partnern „technische Möglichkeiten, auch Public Clouds sauber zu administrieren“.

Hohes Innovationstempo

Nicht nur die Komplexität, auch das Innovationstempo der Hyperscaler stellt Dienstleister vor Probleme. In kurzen Abständen launchen sie neue Services. Täglich kommen mehrere Features hinzu. Basys-Berater Hollmann spricht von „großem ­organisatorischen Aufwand“, die Weiterbildung der Mitarbeiter zu koordinieren und ihre Fähigkeiten stets aktuell zu halten. Darin sieht auch Cyberdyne-Chef Friederichs ­eine Herausforderung. Um sie zu bewältigen, brauche man nicht nur eine gewisse Organisationsgröße (sein Systemhaus beschäftigt 40 Mitarbeiter), sondern müsse auch viel Leidenschaft aufbringen.

Diese Leidenschaft speist sich bei dem Kölner offenbar aus der Erkenntnis, dass sich der Markt klar in Richtung Cloud entwickelt. „Wir sind mitten drin in der Transformation: Microsoft, AWS und Google treiben dieses Geschäft. Die IT-Industrie ist aufgesprungen, und in der Wirtschaft sind die Vorteile voll angekommen.“ Die Skepsis, die es noch vor einigen Jahren in puncto Sicherheit, Datenschutz, Verfügbarkeit oder Bandbreite gab, spiele heute fast keine Rolle mehr. Daher rechnet er damit, „dass wir in wenigen Jahren nur noch wenige On-Premises-Systeme betreiben und fast ausschließlich mit Managed-Cloud-Lösungen arbeiten werden“.

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