Mobilfunk in der Robotik Roboter-Kommunikation via Mobilfunk

Autor Sarah Böttcher

Mobilität und Vernetzung sind Grundpfeiler des IoT. Nun halten beide Einzug in die Robotik. Stationäre Roboter werden mehr und mehr durch mobile abgelöst. Nun muss die Kommunikation der mobilen Robotersysteme gewährleistet werden – und zwar anstatt kabelgebunden über Funk.

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In naher Zukunft können Roboter via Mobilfunk miteinander kommunizieren und im Kollektiv neue Fähigkeiten erlernen – selbstständig und ganz ohne die Kontrolle der Menschen.
In naher Zukunft können Roboter via Mobilfunk miteinander kommunizieren und im Kollektiv neue Fähigkeiten erlernen – selbstständig und ganz ohne die Kontrolle der Menschen.
(Bild: © phonlamaiphoto-stock.adobe.com)

Im Zeitalter des Internet of Things (IoT) gewinnen vernetzte, mobile Systeme immer mehr an Bedeutung. Laut einer aktuellen Cisco-Studie wird die Anzahl der vernetzten Geräte in Deutschland von heute 464,5 auf 797,6 Millionen im Jahr 2022 ansteigen. Und weltweit wird es mehr als 28 Milliarden vernetzte Geräte geben. Durch die steigende Zahl an vernetzten Systemen sowie der Tatsache, dass dabei laut Cisco mehr als die Hälfte aller Geräte ausschließlich mit anderen Geräten (Stichwort: Machine-to-Machine-Kommunikation) kommunizieren werden, gewinnt auch in der Robotik die Kommunikationstechnik immer mehr an Bedeutung. Deshalb wird es immer wichtiger, eine entsprechende kabellose Kommunikationsinfrastruktur zwischen Robotersystemen aufzubauen.

Einsatzgebiete mobiler Robotersysteme

Aktuell sind Unternehmen wie beispielsweise der Robotik-Hersteller Kuka und das Mobilfunkunternehmen Vodafone dabei zu erforschen, wie Roboter zu Alltagshelfern werden können. Geplant ist, dass mobile Robotersysteme neben spezialisierten, auch alltägliche Aufgaben übernehmen können. So laufen bereits Projekte mit Robotern in der Alten- sowie Krankenpflege und in Industriehallen. Dort sollen Roboter in Zukunft körperlich anstrengende sowie für den Menschen gefährliche Tätigkeiten übernehmen.

Der Einsatz von mobilen Robotern bringt Unternehmen neben mehr Mobilität auch steigende Flexibilität. So verändern sich beispielsweise in der Automobilindustrie bereits ganze Arbeitsschritte und Fertigungsprozesse und mobile Robotersysteme übernehmen eigenständig immer mehr Aufgaben. Der bisher statische Produktionsfluss entwickelt sich mehr und mehr zu einem flexiblen. Daraus resultiert, dass bestehende stationäre Roboter und mobile Robotersysteme mehr miteinander zusammenarbeiten und kommunizieren müssen und ad hoc Roboterverbunde generieren.

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Roboter „lernen“ von Robotern

Um die Zusammenarbeit zwischen Roboterverbunden zu gewährleisten, müssen Stand heute noch Menschen Robotern diverse Tätigkeiten einprogrammieren. „In Zukunft geht es darum, dass Roboter lernen, bestimmte Tätigkeiten auszuführen. Dass sie sich gegenseitig unterstützen können, neue Fertigkeiten und Fähigkeiten zu erlernen. Und hier kommt der Mobilfunk ins Spiel,“ erläutert Tobias Krzossa, Pressesprecher bei Vodafone Deutschland. Um eine grundlegende Tätigkeit zu erlernen, benötigt ein Mensch drei bis vier Jahre, ein Roboter hingegen, der über Funk mit einem anderen Roboter oder einem kompletten Roboterverbund in Kontakt steht, lediglich wenige Minuten.

Bewegt sich ein Roboter mobil fort, ist eine kabelgebundene Lösung nicht umsetzbar. Doch nicht nur bei mobilen Systemen, sondern auch bei stationären Robotern hat eine funkbasierte Kommunikation viele Vorteile. Der Grund über Funk kommunizierende, stationäre Robotersystemen einzusetzen, ist laut Dr. Uwe Zimmermann, Projektmanager in der Kuka Konzernforschung, zunächst die Kostenersparnis: Denn in erster Linie müssen dann keine kostspieligen Kabel vor dem Bau einer Industriehalle geplant und verbaut werden. Doch laut Zimmermann sollten Kostenersparnisse allein nicht der ausschlaggebende Grund für den Einsatz mobiler Robotersysteme in Unternehmen sein. „Durch den Einsatz von Funktechnologie in der Robotik werden sich – weit über den reinen Ersatz von Kabeln hinaus – neue technische Möglichkeiten ergeben und sämtliche Strukturen verändern,“ prophezeit Zimmermann. „Der Begriff der Wandelbarkeit von Automatisierungsprozessen bekommt hierdurch eine völlig neue Bedeutung.“

Der Bedarf an einem hohen Mobilitätsgrad hält somit Einzug in die Robotik und bringt Veränderungen mit sich. Das Robotik-Unternehmen Kuka führt in seinem Portfolio sowohl mobile Robotersysteme ohne sowie mobile Systeme mit einem auf einer Plattform montierten Arm. Während Erstere vor allem in reinen Logistik-Szenarien im Einsatz sind und Material von einem Ort zum anderen befördern, erleben mobile Systeme mit Arm langsam aber sicher ihren Durchbruch. Diese können neben typischen Hol- und Bringarbeiten auch Mehrwerttätigkeiten wie beispielsweise die Montage von Autoteilen verrichten.

Der Robotik-Hersteller Kuka und das Mobilfunkunternehmen Vodafone sind aktuell dabei die Machine-to-Machine-Kommunikation (M2M) in der Robotik zu erforschen und aufzubauen. Dabei verfolgen beide Unternehmen einen unterschiedlichen Kommunikationsansatz: Kuka setzt aktuell auf WLAN und Vodafone auf LTE beziehungsweise 4G.

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Rechenkapazität aus der Cloud

Aktuelle Robotik-Projekte versuchen neben dem Aufbau einer Kommunikationsinfrastruktur auch die Rechenkapazität auszulagern. Denn Stand heute findet die komplette Rechenleistung – von der Regelung über die Navigation bis zur Selbstperzeption – auf den Robotersystemen selbst statt. Dadurch sind die Systeme nicht sehr flexibel was die Skalierbarkeit angeht. Eins steht fest: Die Systeme werden durch immer mehr Rechenpower ergänzt werden, wodurch der Energieverbrauch deutlich zunehmen und sich die Flexibilität der Systeme verringern wird. Lagert man die Rechenkapazität aus, beispielsweise via Funk in die Cloud, würde das Vorteile (geringerer Energieverbrauch der Systeme, steigende Flexibilität und erhöhte Skalierbarkeit) aber vielleicht auch Nachteile mit sich bringen. Beispielsweise stellt sich Kuka zufolge dann die Frage, welche Auswirkungen die Auslagerung der Rechenkapazität auf die Performance (Genauigkeit und Geschwindigkeit) der Systeme haben wird.

Kuka setzt aktuell auf WLAN

In der Robotik ist eine Taktzeit, also die Zeit, in der Daten zwischen Roboterkomponenten ausgetauscht werden, von einer Millisekunde bereits zwingend notwendig. Stand heute gibt es jedoch noch kein Netz, welches zuverlässig diese geringe Latenzzeit bietet. 5G soll diese Lücke in Zukunft schließen. Da sich die Technologie jedoch noch in der Entwicklung befindet, setzt Kuka aktuell bei der Machine-to-Machine-Kommunikation auf WLAN.

Das größte Problem der Funk-Kommunikation per WLAN, im Vergleich zu der über Kabel, besteht in der Zuverlässigkeit der Datenübertragung. Denn noch ist unklar, mit welcher Zuverlässigkeit Daten über Funk von A nach B übertragen werden und wie hoch der Durchsatz ist. Laut Zimmermann sei die Durchsatzrate von WLAN relativ hoch, jedoch sei die Technologie nicht deterministisch und auch nicht Echtzeit-fähig. Hier sind aktuell noch große Schwankungen möglich.

Zudem läuft die WLAN-Technologie auf sogenannten „freien Bändern“. Jeder hat die Möglichkeit sich in ein WLAN-Netz einzuloggen, hat dort freie Handhabe und keine Kosten. Deshalb sind innerhalb des Netzes schnell Störungen durch Dritte möglich. Der Vorteil von WLAN im Vergleich zu LTE besteht darin, dass Systeme direkt, beispielsweise innerhalb einer Industriehalle, miteinander kommunizieren können. Bei LTE beziehungsweise 4G läuft die Kommunikation außerhalb eines Unternehmens über zwischengeschaltete Funkstationen. Hier müssen zusätzliche Sicherheitsaspekte geregelt und durchgesetzt werden. Weitere Unterschiede liegen in der Reichweite und der Geschwindigkeit: So ermöglicht LTE die Datenübertragung über eine größere Distanz als WLAN und liefert heute schon Geschwindigkeiten von bis zu einem Gigabit pro Sekunde.

Eine direkte, zuverlässige und reibungslose Kommunikation zwischen Robotersystemen wäre der Idealfall. Kuka steht hier noch am Anfang: Die Konfiguration der Kommunikation zwischen Roboterverbunden muss aktuell noch manuell vorgenommen werden. „An der Stelle, an der sich Roboter automatisch ein- und ausloggen, sind wir noch lange nicht,“ betont Zimmermann. So liegt der Schwerpunkt des Robotik-Unternehmens aktuell im Aufbau einer grundlegenden Funknetzkommunikation. „Die Herausforderung dabei besteht momentan nicht darin, wie man den Mobilfunk anpassen kann, damit er zu Robotik-Systemen passt, sondern darin, wie man die Vorteile der Funktechnologien nutzen und integrieren muss, um Roboter damit steuern und regeln zu können,“ führt Zimmermann aus. Gemeinsam mit weiteren Unternehmen ist Kuka Teil des Projekts „fastRobotics“. Das Ziel des Projekts besteht in der Entwicklung einer Lösung mit der Roboter sowohl untereinander, als auch mit Sensoren und mobilen Endgeräten durchgängig drahtlos kommunizieren können. Im Rahmen des Projekts arbeitet Kuka aktuell mit R3Communications zusammen. Das Startup aus Berlin soll mit seiner auf WLAN-basierenden Lösung „Echoring“ eine Datenübertragung in einem festgelegten Zeitraum garantieren. Die Lösung legt somit beispielsweise fest, wann welcher Roboter eine Information senden darf.

Vodafone setzt auf 4G

Für Robotik-Hersteller Kuka ist der Einsatz von WLAN bei der M2M-Kommunikation allerdings nicht der Weisheit letzter Schluss. Denn die 5G-Technologie verspricht in naher Zukunft den nötigen Datendurchsatz und Geschwindigkeit sowie geringe Latenzzeiten. Deshalb setzt das Mobilfunkunternehmen Vodafone bereits auf 4G. Das Unternehmen lässt seine Roboter-Kommunikation über die vierte Generation der Mobilfunktechnologie laufen, damit 5G nahtlos darauf aufsetzen kann.

Der klare Vorteil von LTE beziehungsweise 4G bei der Kommunikation im Internet der Dinge besteht in der hohen Reichweite. So können, wie bei einem Showcase von Vodafone demonstriert, Roboter in Düsseldorf von Robotern in München via LTE innerhalb weniger Minuten Tätigkeiten erlernen. Die technologische Schwierigkeit bestand lediglich in der Bereitstellung der Infrastruktur, also der Installation der modernsten Form von LTE an beiden Standorten. „Die reine Datenübertragung zwischen den Robotersystemen funktioniert sehr ähnlich wie die Übertragung via Smartphone,“ erklärt Krzossa. In den mobilen Robotereinheiten sind SIM-Karten integriert, über die die Informationen per Mobilfunk miteinander geteilt werden. So können sich Roboterverbunde als Gruppe neue Tätigkeiten beibringen. Außerdem handelt es sich bei 4G um „lizenzierte Bänder“. Das bedeutet, dass der Nutzer weiß, dass er auf den von ihm gemieteten Frequenzen exklusiv unterwegs ist. So ist eine Störung durch Dritte, wie bei der WLAN-Technologie, ausgeschlossen.

Beide Arten der M2M-Kommunikation zeigen die Vor- und Nachteile der jeweiligen Funktechnologie auf. Die hochzuverlässige und schnelle Kommunikation mobiler Robotersysteme via Mobilfunk steht noch am Anfang, jedoch sind die Ergebnisse beider Ansätze von großer Bedeutung und sollten unbedingt in die Anforderungen für das zukunftsweisende 5G-Netz einfließen. Auch wenn laut Krzossa „sehr, sehr große Mengen an Daten notwendig sein müssten, damit LTE an seine Grenzen stößt.“

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