Volle Lager und fallende Preise Ladenhüter PC-Komplettsysteme

Autor Sarah Gandorfer

Durch die Covid-19-Krise wurden viele Arbeitsplätze nach Hause verlagert. Unternehmen statteten ihre Mitarbeiter wegen der Flexibilität deshalb bevorzugt mit Notebooks aus. PC-Komplettsysteme blieben hingegen in den Regalen der Distribution stehen.

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Eine geringe Nachfrage nach PC-Komplettsystemen lässt die Preise dafür sinken.
Eine geringe Nachfrage nach PC-Komplettsystemen lässt die Preise dafür sinken.
(Bild: K.-U. Häßler - stock.adobe.com)

Nach dem Lockdown während der Covid-19-Pandemie haben sich die Lagerbestände hinsichtlich des Homeoffice-Equipments wieder stabilisieren. Derzeit weniger gefragt sind PC-Komplettsysteme, da diese im Vergleich mit leichten und flexiblen Notebooks im Homeoffice von Nachteil sind. In der Folge steigen die Lagerbestände stetig an – mit kritischen Auswirkungen auf den Preis.

Noch im März sahen die Lagerbestände für alles, was im Homeoffice an IT benötigt wird, beunruhigend aus: Notebooks waren nahezu ausverkauft, Headsets, Monitore und Webcams gleichermaßen dringend gesucht. Mitte Mai zeigte die Auswertung der Bestandszahlen der ITscope-Plattform, dass die Lagerbestände wieder ansteigen und sich die Lage normalisiert. Doch schon zu diesem Zeitpunkt zeichnete sich ab, dass eine Produktkategorie ganz andere Hürden überwinden muss.

Komplettsysteme auf dem absteigenden Ast

Wo bei anderen Produkten die Bestände im Keller waren, ist bei den Komplettsystemen die Tendenz zum Verstauben zu sehen. Was im Mai bereits erahnt werden konnte, wird nun immer klarer: Mit wachsendem Bestand sinken die Preise. Nicht nur herrscht aufgrund der aktuellen Wirtschaftslage Zögerlichkeit bei Infrastrukturprojekten, auch sehen immer mehr Firmen seit der Coronakrise den Vorteil von Notebooks als Standardinventar.

„Das Bild, was sich uns aktuell zeigt, erlaubt uns einen Blick in die Zukunft. Wir vermuten, dass PC-Komplettsysteme mehr und mehr aus dem Office-Bereich verschwinden und durch Notebooks ersetzt werden. Viele Firmen haben während der Krise erkannt, wie wichtig flexibles Arbeiten ist und wollen das mit dem passenden Equipment unterstützen“, erklärt Oliver Gorges, Vertriebsleiter bei Cop Software + Services, einer Tochterfirma von ITscope.

Volle Lager sorgen für fallende Preise

Im Vergleich der Zahlen des ersten und zweiten Quartals 2020 zeichnet sich eine eindeutige Abnahme des Preises ab. Liegt der durchschnittliche Händlereinkaufspreis (HEK) der Top-10-Artikel des aktuellen Quartals bei etwas über 500 Euro, lag dieser bei den gleichen Produkten im Vorquartal noch bei rund 565 Euro. Im Durchschnitt sank der Preis um zehn Prozent, bei einzelnen Produkten sogar um mehr als 20 Prozent.

Ein Vergleich mit den Vorjahreszahlen aus dem zweiten Quartal 2019 zeigt zwar, dass auch bei den damaligen Top 10 einzelne Produkte über den Zeitraum von März bis Juli im HEK sanken, allerdings in einem deutlich geringerem Ausmaß. Von einem saisonalen Phänomen kann man daher nicht ausgehen. Das verdeutlicht auch eine Einzelbetrachtung der aktuellen Top-Produkte.

Top-Produkte zeigen eindeutiges Bild

Der im aktuellen Quartal sowie auch in den beiden Quartalen davor auf Platz eins befindliche und seit August 2019 in ITscope gelistete Lenovo ThinkCentre M720q 10T7 (Hst.-Nr. 10T700BTGE) ist hier ein besonders anschauliches Beispiel. Unterlag der HEK des PC-Systems noch bis April nur minimalen Schwankungen, nimmt er seitdem stetig ab. Grund dafür scheint der steigende Lagerbestand zu sein:

So sieht ITscope die Historie des Lenovo Think Centre.
So sieht ITscope die Historie des Lenovo Think Centre.
(Bild: ITscope)

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den Komplettsystemen auf Platz zwei und drei des ITscope-Marktbarometers. Bei dem seit Juli 2019 gelisteten, zweitplatzierten HP ProDesk 400 G6 (Hst.-Nr. 7EM13EA#ABD) ergibt sich die gleiche Kombination aus vollen Lagern und fallenden Preisen. Zwar ist die Summe mit knapp 5.500 Lagerartikeln insgesamt geringer als beim Lenovo ThinkCentre M720q 10T7, dennoch hat sich der Lagerbestand im Vergleich zu den Werten vor Corona fast verdoppelt. Bei diesem Überangebot ist ein fallender HEK die logische Konsequenz. Auch wenn bei diesem System der HEK-Trend nicht ganz so gleichmäßig ist wie beim Erstplatzierten von Lenovo und stärkeren Schwankungen unterliegt, lag der HEK vor Corona im Q4 2019 und Q1 2020 nie so tief wie derzeit.

So sieht ITscope die Historie des HP ProDesk.
So sieht ITscope die Historie des HP ProDesk.
(Bild: ITscope)

Zudem lag beim HP ProDesk 400 G6 die Verkaufstendenz zwischen Januar und März bei Null, da die Lager leer waren. Eine mögliche Erklärung dafür könnten Lieferengpässe aufgrund des Lockdowns in China sein. Im März folgte dann ein kurzer Ausschlag der Verkaufstendenz und der Bedarf wird nachgeholt. Danach sanken die Verkaufszahlen jedoch rasch wieder und die Lager blieben gefüllt, niedrigere Preise sollen dem sinkenden Absatz nun entgegenwirken.

Auch der Dell OptiPlex 3070 (Hst.-Nr. JX26T) auf dem dritten Platz, der ebenfalls seit Juli 2019 aufgelistet ist, hat mit fallenden Preisen zu kämpfen. Der Lagerbestand der Distribution mit über 3.000 Artikeln ist vergleichsweise hoch und der HEK entsprechend niedrig.

So sieht ITscope die Verkaufshistorie des Dell-Produkts.
So sieht ITscope die Verkaufshistorie des Dell-Produkts.
(Bild: ITscope)

Neben dem deutlichen Bild hinsichtlich Bestand und Preis ähneln sich die drei Grafiken außerdem in einer Sache: Der Unsicherheit, wie sich die Situation weiter entwickeln wird – auch nach Corona. Werden die Veränderungen so tiefgreifend sein, dass tatsächlich ein nachhaltiges Umdenken stattfindet, hin zu einer flexiblen Arbeitswelt, die sich räumlich unabhängig abspielt? Oder handelt es sich nur um eine Momentaufnahme und die Nachfrage nach Komplettsystemen steigt wieder, sobald sich die wirtschaftliche Lage entspannt?

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