Glanzvorstellung von HP-Chefin Meg Whitman HP-Aufbruch nach dem Beinahe-Abbruch
Sie steht erst seit einem halben Jahr an der Spitze und doch ist bei Hewlett Packard die Handschrift von CEO Meg Whitman bereits klar zu erkennen. Die ehemalige Politikerin hat etwas geschafft, was viele Reseller nach dem Desaster „August 18“ so nicht für möglich gehalten haben.
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Meg Whitman ist eine Meisterin symbolischer Inszenierungen. Sie hat das Top-Management aus den Silos am HP-Headquarter geholt und die führenden Manager in Gemeinschaftsbüros gesetzt. Reden, Kommunikation, Dialog: Der frische Wind weht nicht nur in Paolo Alto, er hat auch den Channel erreicht. Whitman versammelte auf der Global Partner Conference in Las Vegas vergangenen Mittwoch ihre wichtigsten Köpfe auf der Bühne und moderierte vor über 3000 Partnern eine Frage- und Antwortrunde, ergänzte dort die Ausführungen ihrer Manager, wo ihr die Klarheit der Aussage fehlte, warb mit ausgestreckten Armen für die gemeinsame Sache, klopfte anerkennende Vyomesh Joshi, Chef Imaging and Printing Group, auf die Schulter und tadelte mit einem Lachen Autonomy-Gründer Michael Lynch für den hohen Kaufpreis von 10,3 Milliarden Dollar, den HP für den Software-Spezialisten gezahlt hatte.
Kontakt zur Basis
Nach ihrer Key-Note reiht sich Whitman wie alle Partner auf der HP Global Partner Conference in die Schlange vor dem Buffet ein: Sie sucht demonstrativ den Kontakt zur Basis, vor der sich der weltgrößte IT-Konzern in letzter Zeit zunehmend entfremdet hat.
Whitman hat eine aufrüttelnde Rede gehalten. Es war eine programmatische Key-Note, die an die Stärken von HP als innovativer Hersteller von Produkten und Lösungen mit einem weltweiten Partnernetzwerk erinnerte. „Unsere DNA ist die IT-Infrastruktur. 70 Prozent unseres Umsatzes stammt aus dem Hardware-Geschäft. Darauf sollten wir stolz sein“, sagte Whitman unter großem Applaus. So hätte auch ein Parteiführer gesprochen, der interne Richtungskämpfe abstellen und einer verunsicherten Klientel Orientierung, Vertrauen und vor allem wieder Stärke geben muss.
Bekenntnis zu PSG
Der „August 18th“, wie der schwarze Donnerstag 2011 vom amerikanischen HP-Channel genannt wird, steckt den Resellern noch immer in den Knochen. Whitmans Vorgänger Leo Apotheker hatte damals die PC-Sparte PSG zur Disposition gestellt und musste wenige Wochen danach seinen Chefsessel räumen. „PSG zu behalten, mit dieser Entscheidung fühle ich mich hervorragend“, sagte Whitman, deren Rolle als damaliges Mitglied im Aufsichtsrat von HP unter der kurzen Ära Apotheker bis heute unklar ist. Der HP-Channel jedenfalls setzt in Whitman nicht zuletzt wegen ihres demonstrativen Bekenntnisses zum Partnervertrieb große Hoffnungen. „Der Channel ist für HP seit 30 Jahren ein Schlüsselfaktor“, sagte Whitman.
Die Diskussion um einen Verkauf der PC-Sparte, war nur ein Irrtum, den Whitman bereits kurz nach ihrem Antritt im vergangenen September korrigierte und hier für Klarheit sorgte. Auch das Missverhältnis zwischen Innovationsanspruch und zu geringen Ausgaben für Forschung und Entwicklung, die Apothekers Vorgänger Marc Hurd stetig gekürzt hatte, beendete Whitman. Die Ausgaben steigen wieder deutlich. „Ich bin ein Freund von Innovationen“, bekennt die Ebay-Gründerin.
Vielleicht war es kein Zufall, dass ausgerechnet der langjährige PSG-Chef Todd Bradley bei diesem Satz zu Boden blickte und seine Hände tief in die Taschen vergrub. Dass der weltgrößte PC-Hersteller noch immer keine Rolle auf dem Tablet-Markt spielt, muss Whiteman schmerzen. „Apple hat großes geleistet“, sagte die HP-Chefin. Sie ist davon überzeugt, dass neben den Betriebssystemen iOS von Apple, Googles Android und Microsoft die Industrie ein weiteres mobiles Betriebssystem für Tablet-Computer benötigt. Die Weiterwicklung von HPs WebOS obliegt aber nun der Open-Source-Community. Ob HP im Tablet-Markt wirklich noch eine signifikante Rolle spielen kann, wird nicht zuletzt vom wichtigsten HP-Partner Microsoft abhängen, der mit Windows 8 ebenfalls spät, manche Analysten sagen, zu spät, dran ist.
„Die Cloud wird die Industrie verändern, aber nicht über Nacht.“
Whitman verfügt neben ihrem Charisma übrigens auch über ein Gespür für das richtige Timing. Wenn es um Tradition geht, sagt sie, sie wolle in den bald 70 Jahren HP den Konzern für die nächsten 70 Jahre aufstellen. Geht es um den täglichen Umsatz, so werde sie sich auch auf das Geschäft von heute fokussieren. Und wer sich in das Cloud-Business euphorisch stürzt, dem hält sie entgegen: „Ja, Cloud wird die Industrie verändern, aber nicht über Nacht“. Wann die Schonfrist für Manager endet, die Whitmans neuen, frischen Kurs nicht mittragen, ist nicht bekannt. Bei dem Tempo allerdings, den Whitman vorlegt, wird die sympathische HP-Chefin den eisernen Besen nicht allzu lange unbenutzt lassen. ?
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