Der neue WLAN-Standard – was er kann, und was nicht Wi-Fi 6 alias IEEE 802.11ax unter der Lupe
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Mit dem neuen WLAN-Standard IEEE 802.11ax (Wi-Fi 6) sollen viele WLAN-Probleme der Vergangenheit angehören. Hier finden Sie die Neuerungen des Standards und welche Vorteile er mit sich bringt, wie beispielsweise die Leistung.

Wi-Fi 6 nutzt das 2.4 Gigahertz- und 5 Gigahertz-Band. Das 2,4-GHz-Band bietet eine maximale Datenübertragung von 300 Mbit/s bei einer Kanalbreite von 40 MHz pro Antenne oder Stream. Ein Router mit zwei Antennen kann also auch hier bis zu 600 Mbit/s übertragen. Der Durchsatz ist aber natürlich abhängig von den Endgeräten. Auch beim neuen Standard werden Endgeräte nie den maximalen Durchsatz erreichen, da es auch hier immer irgendwelche Widrigkeiten geben wird.
Endgeräte müssen zur optimalen Ausnutzung der Vorteile Wi-Fi 6 in der gleichen Leistung/Ausprägung unterstützen, wie der Router. Wenn WLAN-Router/Access Points mehrere Streams unterstützten, multiplizieren sich diese Werte entsprechend. In Labors konnten mit einzelnen Geräten Datendurchsätze bis zu 10 Gbit/s erreicht werden. Insgesamt unterstützt 802.11ax bis zu 8 Streams.
Im Fokus von Wi-Fi 6 steht vor allem die Verbesserung der Leistung in Netzwerken mit vielen Clients und parallel eingesetzten WLAN-Router/Access Points. Wichtig war den Entwicklern in diesem Fall der gesamte Datendurchsatz aller Geräte in einer Zone.
Gleichzeitig soll Wi-Fi 6 mit TWT (Target Wake Time) dafür sorgen, dass der Akku von angebundenen Geräten im Standby geschont wird, ohne die Leistung des WLANs bei der Reaktivierung zu bremsen.
WLAN-Geräte stören sich nicht mehr gegenseitig
Bei älteren WLAN-Standards stören sich mehrere WLANs gegenseitig, wenn gleiche Kanäle zum Einsatz kommen. Bei vielen Geräten innerhalb eines kleinen Bereichs ist das zwangsläufig der Fall; auch im privaten Bereich, zum Beispiel in Mehrfamilienhäusern oder Campusnetzwerken. Hier bringt 802.11ax (Wi-Fi 6) ebenfalls Verbesserungen mit sich, bei denen identische Kanäle sich nicht mehr gegenseitig stören und mehrere WLAN-Router/Access Points gleichzeitig den gleichen Kanal nutzen dürfen.
Dazu nutzen die Geräte Spatial Reuse (räumliche Wiederverwendung). Bei Spatial Reuse kann ein Kanal bereits wiederverwendet werden, wenn das Signal in der Nachbarzelle auf dem Kanal noch gerade so funktioniert, in der eigenen Zelle aber sehr gut ist. Wi-Fi 6-Geräte senden in diesem Fall weiter. Davon profitieren vor allem Clients mit einer schnellen und guten Verbindung zum WLAN-Router/Access Point. Gleichzeitig werden Kanäle besser ausgenutzt und freie Kanäle werden erst dann verwendet, wenn es nicht mehr anders geht.
Einfach ausgedrückt können bei Spatial Reuse mehrere WLAN-Router/Access Points parallel den gleichen Kanal nutzen, da die Geräte intelligenter mit den Kanälen und den gesendeten Daten umgehen. Damit das funktioniert, sollten natürlich möglichst alle Geräte in einem Bereich Wi-Fi 6 unterstützen, vor allem die WLAN-Router/Access Points. Die Technik soll vor allem dann helfen, wenn in einem Bereich sehr viele WLANs und Funkzellen positioniert sind.
Bidirektionales Multi-User-MIMO und OFDM
Mit 802.11ax ist es möglich, dass WLAN-Router/Access Points bis zu drei Geräte gleichzeitig mit Daten versorgen können und Daten von drei Geräten gleichzeitig empfangen können (Multi-User-MIMO). Auch der 802.11ax-Vorgänger 802.11ac unterstützt Multi-User-MIMO, allerdings nur vom WLAN-Router/Access Point zu den Endgeräten (Downlink) nicht in die andere Richtung (Uplink).
Parallel zu Multi-User-MIMO in beide Richtungen ist die Technik OFDM (Orthogonal Frequency-Division Multiplexing) in Wi-Fi 6 sinnvoll. Mit dieser Technik kann ein Router gleichzeitig Daten an mehrere Geräte senden und empfangen (Multi-User-MIMO) und dabei gleichzeitig auch noch verschiedene Geschwindigkeiten und Übertragungsbedingungen berücksichtigen (OFDM). Jeder Client erhält dadurch eine individuelle Datenrate.
Damit das funktioniert kann ein Wi-Fi 6-Router die zugeteilten Kanäle in hunderte Unterkanäle aufteilen. Diese tragen die Bezeichnung Ressource-Units (RU). Die jeweilige RU erhalten die Clients direkt vom WLAN-Router/Access Point, der Wi-Fi 6 unterstützt.
Modulationsverfahren 1024QAM verbessert die Effizienz
Wi-Fi 6-Geräte unterstützten das Modulationsverfahren 1024QAM. QAM ist die Abkürzung für Quadraturamplitudenmodulation. Diese Technik kommt zum Beispiel auch bei LTE zum Einsatz. Der Wert gibt die Dichte der Informationen an, die pro Zeiteinheit verschickt werden können. Je höher der Wert, desto mehr Daten können pro Zeiteinheit verschickt werden. Bei LTE kommt aktuell vor allem 256QAM zum Einsatz, oft sogar nur 16QAM bis 64QAM.
Wi-Fi 6E als Erweiterung für Wi-Fi 6
Geplant ist später noch die Einführung des 6 GHz-Bandes für 802.11ax. Der Standard wird oft auch als Wi-Fi 6E (Wi-Fi 6 Enhanced) bezeichnet. Bei der Verwendung von 6 GHz kann ein Spektrum von 1.200 MHz genutzt werden. Das ist vor allem beim Einsatz von sehr vielen Geräten sinnvoll, da diese sich nicht mehr gegenseitig stören. Allerdings wird hier eine geringere Reichweite erwartet.
Wi-Fi 6E soll Werte erreichen können, die auch 5G bietet, allerdings zu deutlich geringeren Kosten. Der Einsatz von Wi-Fi 6E ist jedoch nur dann sinnvoll, wenn alle Geräte im Netzwerk, die Technik unterstützen. Daher wird erwartet, dass Wi-Fi 6E nur in großen Netzwerken, Universitäten und in der Industrie eingesetzt werden wird.
Fazit
Wi-Fi 6 bietet in der Theorie zwar wesentlich mehr Geschwindigkeit, allerdings wird das in der Praxis wohl eher selten erreicht werden. Es müssen ideale Bedingungen vorherrschen und alle Endgeräte müssen Wi-Fi 6 unterstützen. Der Schwerpunkt von Wi-Fi 6 liegt aber vor allem in Bereichen, in denen zahlreiche Endgeräte parallel zum Einsatz kommen, und in denen es Probleme mit Kanalüberschneidungen gibt. Vor allem wenn dann auch noch große Datenmengen übertragen werden sollen, ist Wi-Fi 6 ideal. In kleinen Netzwerken bietet eine gute Abdeckung mit 802.11ac allerdings genug Leistung. Hier ist es eher nicht zu erwarten, dass Wi-Fi 6 einen Leistungsschub bringen wird.
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