FIT Kongress Den Mut haben, man selbst zu sein

Von Ann-Marie Struck

Stefanie Kemp ist die Deutschland-Chefin bei Oracle und bringt über 30 Jahre Berufserfahrung in der IT mit. Ihr Weg war geprägt von einigen Ups and Downs. Wie sie zur IT gekommen ist und was ihr auf ihrem Weg geholfen hat, verrät Kemp im Interview.

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Stefanie Kemp, Deutschland-Chefin bei Oracle
Stefanie Kemp, Deutschland-Chefin bei Oracle
(Bild: Stefanie Kemp)

ITB: Seit über einem Jahr sind Sie die Deutschlandchefin von Oracle. Auf Ihrem Weg dorthin hatten sie Positionen als CIO und CDO in großen deutschen Unternehmen, darunter Lowell und RWE, inne. Wenn Sie zurückblicken, was hat Ihnen auf ihrem Weg am meisten geholfen?

Kemp: Drei Dinge haben mir auf dem Weg am meisten geholfen. Zunächst einmal mein Wille zur ständigen Veränderungsbereitschaft und ein damit verbundenes Lernen und Weiterbilden. Mir war es eben sehr wichtig, mich nicht eindimensional festzulegen, sondern auch über den Tellerrand hinweg zu schauen und Sichtweisen anderer Bereiche einzunehmen. Darüber hinaus habe ich erkannt, wie wichtig „Personal Branding“ zu forcieren ist. Hier konnte ich zeigen, wer ich bin, worauf sich andere bei mir verlassen können und authentisch und echt agieren. Und zu guter Letzt ist es der Aufbau eines konstanten großen Netzwerks sowie eine eigene Community zu etablieren.

ITB: Welche Eigenschaften braucht man (als Frau) in der IT-Branche, um erfolgreich zu sein?

Kemp: Unabhängig vom Geschlecht braucht es zunächst Leidenschaft für das Thema und die Bereitschaft, das Tempo in dieser Industrie mitzugehen. Zu wissen, worauf man sich einlässt, hilft sicherlich auch. Als Frau: Wir sollten mehr unseren klaren Willen ausdrücken, uns klarer positionieren und vielleicht auch mal die Aussage „Ich will“ nutzen. Mir persönlich ist es wichtig, zu bleiben, wie ich bin und authentisch zu agieren. Das schafft Nähe und Vertrauen.

ITB: Wie sind Sie zur IT gekommen? Haben Sie sich schon immer dafür interessiert?

Kemp: Mein Weg in die IT war ein völlig ungeplanter. Ich habe meine berufliche Karriere als Kinderkrankenschwester begonnen und wollte Kinderärztin werden. Nachdem ich hinter die Kulissen schauen durfte, war mir klar, das bin ich nicht. Also habe ich erst einmal verschiedene Dinge ausprobiert, bis ich dann 1986 vor meinem ersten Computer saß und nicht mehr davon weg kam. Mit beiden Armen in Gips wegen einer Sehnenscheidenentzündung habe ich immer noch auf der Tatstatur rumgeklimpert. Und das war‘s. Die Leidenschaft und die Faszination hatten mich gepackt. Und das hat bis heute angehalten.

ITB: Der Frauenanteil in der IT ist immer noch gering. Wie kann man das Ihrer Meinung nach ändern? Reicht die Frauenquote allein?

Kemp: Das Bemerkenswerte ist, wenn sie heute in die Jahrgangsabgänge für Informatik schauen, liegt die Quote viel höher als die Quote, die wir uns geben. Hier stellt sich die Frage, wohin verschwinden alle diese talentierten Frauen über die Zeit? Damit meine ich nicht, dass es nicht schon viele gute, hoch talentierte, erfolgreiche Frauen in unserer Branche gibt. Als ich 1986 gestartet bin, war das deutlich anders. Um meine Frage zu beantworten: Ich denke, der geringe Anteil an Frauen liegt noch an unserem traditionellen, durchaus guten Familienmodell, das aber überwiegend durch die Frauen geschultert wird. Meiner Meinung nach können Unternehmen hier bessere Angebote gestalten, damit der Spagat zwischen Familie, Beruf und Karriere für Frauen besser gelingt. Und zum Thema Frauenquote: Keine Frau, die ich kenne, möchte als Quotenfrau bezeichnet werden. Wir stehen alle unseren Mann und möchten nach unserer Kompetenz, Leistung oder Erfahrung beurteilt werden. Die Quotendiskussion positiv gesehen hat noch einmal das Bewusstsein geschärft, über den Diversity-Ansatz nachzudenken und gute Dinge anzustoßen.

ITB: Wie kann man Frauen in IT-Berufen am besten unterstützen?

Kemp: Einfach mal machen! Wir tun uns alle immer noch in vielerlei Hinsicht so schwer, den Diversity-Ansatz nicht nur zu denken, zu schreiben oder auszusprechen, sondern auch umzusetzen. Aber auch hier sieht man in unserem Berufszweig gute Fortschritte. Ich persönlich habe nicht nur eine Diversity-Quote etabliert, sondern kümmere mich auch außerhalb meiner Tätigkeit in Frauennetzwerken, um talentierte, junge Frauen zu motivieren, zu beraten und in der einen oder anderen Sache eine Tür aufzustoßen. Gleichzeitig macht es mich sehr stolz, dass wir in der ITK-Branche schon sehr viele Männer gewonnen haben, die uns dabei unterstützen und diese Netzwerke aktiv gestalten und dabei mitmachen.

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