Energieverbrauch und CO2-Bilanz von Übertragungssystemen Glasfaser: Datenübertragung für eine nachhaltige Zukunft

Von Amalia Diaz, Dr.-Ing. Constantin Herrmann, Dr. Roshene McCool, Aislin Sullivan, Dr. Pushkar Tandon Lesedauer: 6 min

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Glasfaserkabel sind das Herzstück der modernen vernetzten Welt und übertragen täglich riesige Datenmengen. Angesichts der explosionsartigen Zunahme der Datenübertragungsraten werden Energieverbrauch und Nachhaltigkeit von Glasfasernetzen immer wichtiger.

Die Entscheidung für Glasfaserleitungen und gegen Kupferkabel hat nicht nur enorme Geschwindigkeitsvorteile, sondern bringt auch in Sachen Öko-Bilanz enorme Pluspunkte.
Die Entscheidung für Glasfaserleitungen und gegen Kupferkabel hat nicht nur enorme Geschwindigkeitsvorteile, sondern bringt auch in Sachen Öko-Bilanz enorme Pluspunkte.
(Bild: © L.Klauser - stock.adobe.com)

Glasfaser ist ein wesentlicher Bestandteil einiger künftiger technologischen Fortschritte. Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen, die Motoren der datengesteuerten Entscheidungsfindung, nutzen engmaschige Glasfasernetze, um riesige Datenmengen mit hoher Geschwindigkeit zu übertragen. Auch das vermehrte Arbeiten an externen Standorten, Videokonferenzen und die Möglichkeit, mit Kunden, Kollegen oder Familienmitgliedern überall auf der Welt in Kontakt zu treten, werden durch ein weltweites Netz von Glasfaserkabeln ermöglicht.

Datenübertragungen werden dort durch Lichtstrahlen ermöglicht, die sich durch haarfeine Glasfaserstränge mit Kapazitäten von potenziell mehr als 150 Terabit pro Sekunde ausbreiten.

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Glasfasernetze bieten nicht nur eine enorme Bandbreite, sie sind auch per se umweltfreundlicher als herkömmliche Telekommunikationsnetze, die Kupferkabel verwenden. Niedriger Energieverbrauch, geringer Wartungsaufwand und Zukunftssicherheit gehören zu den offensichtlichsten Vorteilen und wurden bereits ausführlich quantifiziert. Weniger häufig wird über den CO2-Ausstoß von Glasfasern gesprochen.

Die CO2-Bilanz von Glasfaser

Der mit der Rohstoffgewinnung, der Herstellung, dem Transport und dem Ende der Lebensdauer der Netzinfrastruktur verbundene CO2-Fußabdruck ist ein entscheidendes Element beim Vergleich der ökologischen Auswirkungen konkurrierender digitaler Technologien. Corning hat eine Ökobilanz der in Glasfasern enthaltenen Materialien und des Herstellungsprozesses durchgeführt, um die Gesamtauswirkungen auf die Umwelt, die als CO2-Fußabdruck (Carbon Footprint, CF) quantifiziert werden, zu bewerten. Die Ergebnisse dieser Studie [PDF] wurden mit dem CF von Kupfer verglichen, der auf öffentlich zugänglichen Daten beruht.

Corning berechnete den CF einer Glasfaser auf 2,3 kg CO2e/km (CO2e = CO2-Äquivalent), während zwei 0,5 mm dicke Kupferdrähte (die in der asynchronen digitalen Teilnehmerleitung verwendet werden) einen CF von schätzungsweise 14 kg CO2e/km haben. Kupfer weist also einen sechsfachen CO2-Ausstoß gegenüber von Glasfasern über dieselbe Länge auf. Die neuesten Glasfasernetze für Privatanwender können gleichzeitig eine 2.000-mal höhere Bandbreite über siebenmal längere Entfernungen für die gleiche Anzahl von Nutzern bereitstellen.

Auf der Grundlage dieser Werte wird geschätzt, dass eine Doppelader-Kupferleitung für die gleiche Übertragungskapazität bei gleicher Reichweite einen bis zu 85.000-mal höheren CO2-Fußabdruck hat als eine Glasfaser.

Diese Analyse ist zwar nicht erschöpfend und schließt Recycling und Entsorgung sowie andere Materialien und Ausrüstungen, die für die Herstellung beider Kabel und den Betrieb beider Netze benötigt werden, aus, aber sie stellt Glasfasernetze unter dem Gesichtspunkt des enthaltenen Kohlenstoffs konservativ über Kupfernetze. Dies ergänzt die Ergebnisse anderer Studien, die bestätigt haben, dass mit Glasfaser durch den Wegfall aktiver Komponenten und die Vereinfachung der Netzarchitektur ökologische und wirtschaftliche Vorteile erzielt werden können. Letztendlich trägt die Untersuchung des durch die Materialien und die Herstellung von Glasfasern verursachten Kohlenstoffs zur weiteren Verbesserung der Umweltbilanz bei.

Cornings Cradle-to-Gate LCA-Studie

Eine Ökobilanz ist eine Standardmethode zur Quantifizierung der potenziellen Umweltauswirkungen eines Produkts oder Prozesses. Dabei werden die mit dem gesamten Lebenszyklus des Produkts verbundenen Treibhausgasemissionen berechnet. Eine häufig verwendete Kennzahl, die sich aus einer LCA ergibt, ist das Treibhauspotenzial (global warming potential, GWP), auch bekannt als CF. Um das Treibhauspotenzial von Glasfasern zu ermitteln, werden alle Stoffe, die für ihre Herstellung benötigt werden, sowie Strom und andere Versorgungsleistungen in einer so genannten Cradle-to-Gate-Analyse berücksichtigt. Dabei werden alle Ressourcen und Emissionen angerechnet, die von der Gewinnung von Rohstoffen ("cradle"), über ihre Verarbeitung zu Halbfertigprodukten und ihrer endgültigen Herstellung zu Glasfasern bis zum Verlassen der Produktionsstätte ("gate") anfallen.

Corning sammelte Primärdaten aus seinen Produktionsstätten und detaillierte Materialinformationen, um die Auswirkungen seiner Glasfasern und Glasfaserkabel von der Wiege bis zum Werkstor zu quantifizieren. Unter Verwendung der Berechnungsmethode Environmental Footprint 3.0 (EF3.0) und gemäß den Grundsätzen und Anforderungen der Normen ISO 14040 und 14044 bestätigte Cornings LCA-Studie, dass der für die Herstellung von Glasfasern benötigte Strom die Hauptauswirkungsquelle ist und 70 bis 80 Prozent zum gesamten CF beiträgt. Die Studie schätzt die Auswirkungen der Rohstoffe auf 15 bis 20 Prozent des gesamten CF.

Es wurde auch eine Cradle-to-Grave-Analyse durchgeführt, um die Auswirkungen des gesamten Lebenszyklus zu verstehen. Diese Analyse erweitert die Grenzen, um den Vertrieb und das Ende des Lebenszyklus (Grave) zu berücksichtigen. Hier spielen die Wiederverwertbarkeit und andere Konzepte der Kreislaufwirtschaft eine Schlüsselrolle. Die Cradle-to-Grave-Analyse bestätigte ebenfalls, dass Strom und Rohstoffe in der Herstellungsphase die Hauptbelastungspunkte sind.

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Der Einfluss von Rohstoffen auf die Produktion

Corning benötigt hochreine Rohstoffe, um optische Fasern mit geringer Dämpfung (niedrigem Verlust) herzustellen. Dazu gehören Quarzglas oder dotiertes Quarzglas, schützende Acrylatbeschichtungen und andere Hilfsstoffe. Die Ergebnisse der LCA-Studie von Corning zeigen, dass die Rohstoffe zwischen 15 und 20 Prozent des gesamten CF einer Glasfaser ausmachen. Davon sind 50 Prozent auf das Quarzglasvorprodukt zurückzuführen, das im chemischen Gasphasenabscheidungsprozess verwendet wird, und 40 Prozent auf die Acrylatbeschichtung.

Im Allgemeinen wird für eine optische Faser mit kleinerem Beschichtungsdurchmesser weniger Beschichtungsmaterial benötigt, was zu einem geringeren CF der Faser führt. Tatsächlich bestätigte die Ökobilanz, dass der Rohstoff-CF einer Faser mit 125 μm Glasdurchmesser und 190 μm Beschichtungsdurchmesser 17 Prozent geringer ist als der Rohstoff-CF einer Standardfaser mit 242 μm Beschichtungsdurchmesser und ähnlichem Glasdurchmesser. Dies entspricht einer Verringerung des Gesamt-CF zwischen den beiden Fasertypen um 3 Prozent. Da der Trend in der Branche weiterhin zu einer höheren Dichte geht, wirken sich Fasern mit geringerem Beschichtungsdurchmesser positiv auf den CF-Wert von Fasern und Kabeln aus.

Hochleistungsfasern mit reduzierten Manteldurchmessern wie Cornings SMF-28 Contour Glasfaserportfolio ermöglichen eine höhere Kabel- und Kanaldichte bei gleichzeitiger Reduzierung der Größe und der Materialien in konfektionierten Kabellösungen. So kann der CF von Glasfasern zusätzlich verbessert werden. In dem Maße, in dem die Auswirkungen von Rohstoffen reduziert werden, steigt der Anteil der Elektrizität, wobei die Umstellung auf erneuerbare Energien die Möglichkeit bietet, den CF von Kabeln erheblich zu reduzieren.

Amalia Diaz.
Amalia Diaz.
(Bild: Sphera)

Dr. Constantin Herrmann.
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Roshene McCool.
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(Bild: Corning Incorporated)

Aislin Sullivan.
Aislin Sullivan.
(Bild: Corning Incorporated)

Pushkar Tandon.
Pushkar Tandon.
(Bild: Corning Incorporated)

Auswirkungen der Herstellung und Beitrag der Elektrizität

Die vorgelagerten Auswirkungen von Materialien sind ein wichtiger Teil von Cradle-to-Gate-Studien, aber sie berücksichtigen nicht das gesamte Bild. Die für die Umwandlung dieser Materialien in das Endprodukt (die Glasfaser) erforderlichen Energiequellen wurden ebenfalls in die Ökobilanz einbezogen. Die Faserherstellung ist ein stromintensiver Prozess. Prozesswasser, Wärmeenergie und Abfälle haben im Vergleich zum Strombedarf für die Herstellung von Glasfasern und zu den zuvor besprochenen Rohstoffen einen vernachlässigbaren Einfluss.

Cornings LCA-Studie verwendet Daten von Fabriken, die Strom aus dem Standard-Netzmix verwenden. Da der Strom 70 bis 80 Prozent des gesamten Glasfaser-CF ausmacht, sind kontinuierliche Energieeffizienzbemühungen und ein umweltfreundlicher Strommix unabdingbar. Mit Strom aus erneuerbaren Energien kann der CF-Wert um bis zu 70 Prozent gesenkt werden, was zu einem Wert von 0,70 kg CO2e/km führt und den derzeitigen CF-Vorteil gegenüber kupferbasierten Netzen um den Faktor 3 weiter verbessert.

Die Zukunft ist die Glasfaser

Die Welt ist mehr denn je auf Daten angewiesen, und die Glasfaser hat gezeigt, dass sie allen Alternativen überlegen ist. Sie bietet eine enorme Kapazität, höhere Bandbreiten und reduziert gleichzeitig den Energieverbrauch und den Kohlenstoffausstoß.

Die Industrie muss nachhaltig skalieren, und Glasfaser bietet aus wirtschaftlicher, ökologischer und sozialer Sicht den besten Weg. Im Vergleich zu kupferbasierten Netzen reduzieren Glasfasern den Energieverbrauch um bis zu 54 Prozent [PDF], senken die Betriebskosten aufgrund des geringeren Wartungsbedarfs und bieten eine hohe Leistung und Zuverlässigkeit, die ein Leben lang anhält. Glasfaser bietet auch die Möglichkeit, den Kohlenstoffausstoß um mindestens das 85.000-fache zu reduzieren, unter Berücksichtigung der Materialien und Prozesse, die erforderlich sind, um die gleiche Übertragungskapazität über die gleiche Reichweite in einem Kupfernetz zu erreichen. Diese Verbesserung erhöht sich potenziell um den Faktor 3, wenn bei der Herstellung von Glasfasern 100 Prozent erneuerbarer Strom eingesetzt wird.

Mit Blick auf das kommende Jahrzehnt bietet sich der IKT-Branche eine enorme Chance, die Welt voranzubringen – durch die Vernetzung der bisher noch nicht vernetzten Menschen und den Ausbau der Cloud, um den Datenbedarf von morgen zu decken. Es liegt in unserer Verantwortung, nachhaltige Entscheidungen zu treffen, die durch von der Branche anerkannte und transparente Studien quantifiziert werden.

Über die Autoren

Amalia Diaz arbeitet als Sustainability Consultant im Team Manufacturing & Electronics von Sphera.

Dr. Constantin Herrmann ist seit 2004 bei Sphera und dort aktuell als Director Sustainability Consulting Manufacturing and Electronics tätig.

Roshene McCool ist Senior Market and Technology Development Manager bei Corning Optical Fiber and Cable, spezialisiert auf Single-Mode Fiber und Access Networks.

Aislin Sullivan ist Program Director of Sustainability bei Corning Optical Communications.

Pushkar Tandon ist seit 1998 bei Corning Incorporated und aktuell als Corporate Fellow der Corning Research and Development Corporation tätig.

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