Offener Brief an Apple-CEO Tim Cook Apple droht Ärger wegen 3D-NAND-Flash aus China

Von Michael Eckstein |

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US-Politiker warnen Apple: Sollte der Computerkonzern NAND-Flash-Speicher des chinesischen Herstellers YMTC in seinen Produkten einsetzen, drohen „intensive Überprüfungen“ und Konsequenzen – schließlich sei dadurch die nationale Sicherheit gefährdet.

Stein des Anstoßes: Apple überlegt, auch 3D-NAND-Speicherchips des chinesischen Herstellers YMTC in seinen neuen iPhone-14-Modellen zu verbauen. Einige US-Senatoren sehen dadurch die nationale Sicherheit gefährdet.
Stein des Anstoßes: Apple überlegt, auch 3D-NAND-Speicherchips des chinesischen Herstellers YMTC in seinen neuen iPhone-14-Modellen zu verbauen. Einige US-Senatoren sehen dadurch die nationale Sicherheit gefährdet.
(Bild: Apple)

Apple soll „nicht mit dem Feuer spielen“: Der republikanische US-Senator Marco Rubio hat Apple-CEO Tim Cook in einem offenen Brief davor gewarnt, Flash-Speicher des chinesischen Speicherhersteller Yangtze Memory Technologies Corp. (YMTC) in seinen Produkten zu verwenden. Dadurch könnte der kalifornische Konzern die nationale Sicherheit der USA gefährden, warnt Rubio, der auch stellvertretender Vorsitzender des Geheimdienstausschusses des Senats ist. Konkret bezieht er sich auf die neuen iPhone-14-Modelle.

Rubio zufolge kenne Apple die Sicherheitsrisiken, die von YMTC ausgehen. Sollte Apple YMTC-Speicher trotzdem einsetzen, werde es einer intensiven Prüfung unterzogen, „wie es sie seitens der Bundesregierung noch nie gegeben hat“, warnt der Senator unverhohlen. Man könne nicht zulassen, „dass chinesische Unternehmen, die der Kommunistischen Partei nahestehen, Zugang zu unseren Telekommunikationsnetzen und den iPhones von Millionen von Amerikanern erhalten.“

Was war passiert?

Hintergrund der Aufregung sollen Berichte in den Medien sein, dass Apple Speicherchips für seine neusten iPhone-Modelle möglicherweise auch bei YMTC einkaufen will. So hatte etwa der Nachrichtendienst Bloomberg einen Beitrag veröffentlicht, dass der iPhone-Hersteller seine Lieferantenbasis für Flash-Speicher verbreitern möchte und dabei auch YMTC als mögliche Bezugsquelle in Erwägung zieht.

Auslöser der Überlegungen sollen unter anderem mehrfache Produktionsunterbrechungen bei einem der bisherigen Hauptlieferanten, namentlich Kioxia, in diesem Jahr gewesen sein. Auch Micron, Samsung und SK Hynix zählen zu Apples Top-Bezugsquellen.

Wer ist YMTC?

YMTC ist Chinas größter Produzent von NAND-Flash-Speicherchips – und bis jetzt der einzige 3D-Flash-Hersteller im Land. Er beliefert vornehmlich chinesische Abnehmer, die ihre Produkte allerdings auch weltweit verkaufen. Das Unternehmen steht immer wieder wegen seiner Nähe zur kommunistischen Partei in China – und dessen Militär – in der Kritik. Fakt ist, dass YMTC zu 100 Prozent in staatlichem Besitz ist.

2021 war der Mutterkonzern von YMTC, die Tsinhua Unigroup, pleite gegangen und drohte Chinas einzigen 3D-NAND-Hersteller – eben YMTC – mitzureißen. Damit drohte auch Chinas ehrgeiziger Halbleiter-Masterplan „Made in China 2025“ zu scheitern. Die chinesische Regierung sorgte dafür, dass YMTC weiter machen konnte.

Ungewöhnliche schnelle Fortschritte bei 3D-NAND

Auffällig ist, dass das Unternehmen in den letzten Jahren ungewöhnlich schnell Technologiedurchbrüche in puncto 3D-Flash vermelden konnte – und mittlerweile ähnlich viele Speicher-Dies stapeln kann wie die etablierte Konkurrenz. Dabei war es erst Ende 2018 in die Fertigung von Multi-Layer-NAND-Flash eingestiegen.

Für Speicherhersteller Micron sind chinesische Firmen wie YMTC ein rotes Tuch: So hatte das US-Unternehmen über Jahre viel Ärger mit Technologiediebstahl und dem Abwandern beziehungsweise gezielten Abwerben wichtiger Mitarbeiter und geistigen Eigentums an chinesische und auch taiwanesische Unternehmen – und macht deswegen in letzter Konsequenz Entwicklungsabteilungen in China dicht.

Verstößt YMTC gegen US-Exportbeschränkungen?

Auch soll YMTC gegen US-Exportbeschränkungen verstoßen, indem es den chinesischen Smartphone- und Elektronikhersteller Huawei mit seinen Produkten beliefert. Huawei steht nach wie vor ganz oben auf der „Entity List“ der USA-Behörden. Diese untersagt es Firmen, sanktionierte Firmen mit Produkten zu beliefern, die mit Hilfe von US-Technologien entwickelt oder produziert wurden.

Mit dieser Sanktionsliste haben die Amerikaner dem Unternehmen den Zugang zu modernster Chip-Technologie versperrt, ohne die sich jedoch kaum Highend-Elektronikprodukte wie Top-Smartphones und 5G-Telekom-Ausrüstungen fertigen lassen. Die Konsequenz daraus: Der ehemalige chinesische Vorzeige-Konzern ist abgestürzt, kämpft mittlerweile ums Überleben.

Forderung: Auch YMTC soll auf die Sanktionsliste

Nun soll YMTC auf Drängen von US-Politikern wie Rubio und Michael McCaul, führender Republikaner im Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten des Repräsentantenhauses, ebenfalls auf diese Sanktionsliste gesetzt werden. So zitiert die New York Post aus einem Schreiben einer Gruppe von Senatoren um Rubio, Senatsmehrheitsführer Chuck Schumer, Mark Warner und John Cornyn an Handelsministerin Gina Raimondo: „Indem das US-Handelsministerium YMTC nicht in die Liste der Unternehmen aufnimmt, erlaubt es der VR China, unseren Technologiesektor auszunutzen und sanktionierte Parteien in China zu beliefern.“

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Pikant: Sollte die Republikanische Partei die Midterm-Wahlen im November gewinnen, wird wohl McCaul die Leitung des Komitees übernehmen.

Tatsächlich hat Apple auf Anfrage der Financial Times mitgeteilt, dass man eine Zusammenarbeit mit YMTC für den Bezug von NAND-Flash-Modulen prüfe. Wenn, dann sollten diese jedoch nur in iPhone-Modellen für den chinesischen Markt zum Einsatz kommen. Bislang habe man allerdings noch keine YMTC-Chips in den eigenen Produkten verbaut.

Verkehrte Welt: Freier Kapitalismus unterwirft sich staatlicher Kontrolle?

Die USA gelten als Land des ungehemmten Turbo-Kapitalismus: Der Markt regelt alles, der Staat soll sich aus der Wirtschaft raushalten. Soweit die bislang gängige Kurzformel für maximalen Erfolg. Diese Quasi-Gesetzmäßigkeit zerlegen die USA nun in atemraubenden Tempo selbst – und zwar umso schneller, je mehr Macht China in der globalen Wirtschaft gewinnt. Keine Frage: Die USA sehen ihre Felle schwimmen – und zwar Richtung Fernost.

Davon zeugt nicht zuletzt das enorme Subventionspaket, mit dem die USA unter anderem ihre Chip-Industrie fördern. Unternehmen, die Leistungen aus dem CHIPS and Science Act in Anspruch nehmen, unterwerfen sich knallharten staatlichen Vorgaben: So dürfen sie beispielsweise über zehn Jahre lang nicht in der VR China oder anderen, potenziell „unfreundlichen Ländern“ in neue fortschrittliche Chipkapazitäten investieren.

Nachvollziehbar ist das Vorgehen, schließlich spielt China seit Jahrzehnten mit gezinkten Karten: Als Kreditgeber mit scheinbar unbegrenzten Finanzressourcen macht es Schwellenländern abhängig, verschafft sich so Zugang zu wichtigen Rohstoffen und subventioniert eigene Unternehmen in identifizierten Schlüsselsektoren massiv. Zudem werben staatlich gestützte Unternehmen Wissensträger ab und kaufen weltweit vielversprechende Zukunftstechnologien und Knowhow zusammen – prominentes Beispiel ist sicher das ursprünglich deutsche Robotikunternehmen Kuka. Darauf reagieren die USA nun – was wiederum China empört.

Dieser Artikel erschien zuerst auf unserem Partnerportal Elektronik Praxis.

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