Edge-Computing: Entwicklung, Markt & Einsatzvoraussetzungen Der Weg hin zum Rand des Netzwerks
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Auch wenn das Rechenzentrum im Bewusstsein von IT-Profis und Anwendern nach wie vor eine zentrale Rolle spielt: Die Ressourcen zur Datenverarbeitung bewegen sich vielfach weg von diesen Zentren hin zum Rand des Netzwerks: Das Schlagwort heißt Edge-Computing.

Wir haben im Bereich der professionellen IT im Verlauf der letzten Jahre durchaus eine gewisse Rückbesinnung auf die Zentralisierung der Datenverarbeitung hin zu den Rechenzentren beobachten können. Diese Bewegung ist nicht zuletzt der steigenden Verbreitung und Akzeptanz von Cloud-Lösungen aller Art zu verdanken. Doch die Entwicklung in der IT und aller damit verbundenen Industriezweige schreitet weiter voran, sodass andere Technologien wie 5G und IoT nun einen ganz anderen Trend befeuern: das so genannte Edge Computing. Dabei werden die benötigten Ressourcen für die Verarbeitung der Daten am Rand des Netzwerks und nicht im Zentrum bereitgestellt, was einige Vorteile bringen kann.
Edge-Computing: Analysten sehen es als Trend
Wer sich bei den Enterprise-Unternehmen und auch bei vielen mittelständischen Unternehmen umschaut, wird dort sicher zumeist eine etablierte und solide Cloud-Strategie vorfinden. Aber Analysten und viele große IT-Unternehmen sind bereits dem nächsten Trend auf der Spur und dabei der Überzeugung, dass das heute nicht mehr ausreicht. Ihrer Ansicht nach werden die vielfältigen Anforderungen, die heute häufig unter dem Schlagwort „Agilität“ an die Unternehmen, deren IT-Organisation und ihrer Netzwerke gestellt werden, am besten mit Hilfe des „Distributed Computings“ gelöst werden können. So sind die Analysten von Gartner davon überzeugt, dass ein Digitales Business, IoT und immersive Erlebnisse (hier dachte man augenscheinlich an Facebooks Metaverse-Vision) drei sich gegenseitig unterstützende Trends sind, die deshalb Edge Computing vorantreiben werden. So gehen die die IDC-Fachleute in ihrem Worldwide Edge Spending Guide von Anfang 2022 davon aus, dass sich die weltweiten Ausgaben für Edge Computing im Jahr 2022 auf 176 Milliarden US-Dollar belaufen werden. Das entspricht laut deren Rechnung einem Anstieg von 14,8 Prozent im Vergleich zu 2021.
Was schon mit dem Trend hin zum Client-Server-Modell begann, wird mit den Techniken des Edge-Computings fortgesetzt: Die zentrale Datenverarbeitung und -haltung scheint an Bedeutung zu verlieren. So stellten die Analysten von Gartner in ihrem Report „2022 Planing Guide for Cloud and Edge Computing“ fest, dass vieler ihrer Klienten das Unternehmensrechenzentrum zunehmend als unnötig ansehen, da es nur „technische Schulden“ verwalten würde. Viele Unternehmen werden also versuchen, ihre Investitionen in Rechenzentren zu reduzieren. Das können sie durch Konsolidierung, die Verbesserung der Dichte und natürlich Modernisierung erreichen. Zudem sind Colocation-Einrichtungen eine attraktive Alternative zum Besitz von Rechenzentren. Der Begriff Colocation (zusammengesetzt aus „co“ für „zusammen“ und „lokus“ für Ort) steht dafür, dass sich mehrere Unternehmen einen physischen Raum für das Hosting ihrer Netzinfrastruktur teilen.
Der Weg aus dem Rechenzentrum hin zum Edge
Aus diesen und weiteren Gründen – so das Fazit der Gartner-Analysten – entwickeln sich Rechenzentren zu Nischenanwendungen, die oft nur noch nicht-x86-basierte Arbeitslasten und Legacy-Anwendungen unterstützen, die nicht kostengünstig portiert werden können. Wollen die Unternehmen den Rechenzentren entkommen, so kann es aber eben nicht nur darum gehen, die entsprechenden Geräte „aus dem Rechenzentrum“ zu entfernen: Die IT muss auch die Daten und deren Verarbeitung an den Rand bringen, sodass sich die Kommunikation mit dem zentralen System nur noch auf wenige Daten beschränkt. Dadurch, dass die so genannte Intelligenz der Systeme näher an den Ort gebracht wird, an dem die Daten erzeugt werden und an dem die Entscheidungen erforderlich sind, lässt sich in der Regel die gesamte Performance verbessern. Dadurch wird auf jeden Fall die Reaktionsfähigkeit beschleunigt und verbessert. Gerade für Bereiche wie Fertigungsanlagen oder die als „Smart Buildings“ bezeichneten Installationen kann eine derartige Form der Datenverarbeitung eine wichtige Voraussetzung sein.
Am Edge existieren dabei unterschiedliche Verarbeitungsmethoden für die Daten: So kann die Auswertung der Daten zum Beispiel direkt von den Sensoren durchgeführt werden. Oder aber die Sensoren senden die generierten Daten an lokale Verarbeitungsgeräte. Diese verarbeiten dann wiederum einen Teil der Daten lokal und schicken die Daten, die zentrale Prozesse benötigen, per Netzwerk an die zentralen Server.
Zu den Geräten, die in diesem Umfeld zum Einsatz kommen, gehören unter anderem Edge Devices und Edge Gateways. Als Edge Device wird in der Regel ein Gerät an der Peripherie des Netzwerks bezeichnet, das Daten selbst generiert, selbst verarbeitet oder aber weiterleitet. Dabei kann es sich um ganz unterschiedliche Geräte wie beispielsweise Smartphones, autonome Fahrzeuge, Sensoren oder IoT-Geräte handeln, die drahtlos oder drahtgebunden eine Verbindung zum Internet aufbauen. Zwischen dem Netzwerk und den Edge Devices ist häufig ein Edge Gateway installiert. Diese Ressource nimmt Daten von Edge Devices entgegen, prozessiert entsprechende Daten lokal oder wählt Daten aus und verschickt sie an andere Dienste oder zentrale Rechenzentren.
Edge Computing: Mehr oder weniger Sicherheit?
Natürlich müssen sich die IT-Verantwortlichen auch beim Edge-Computing Gedanken zur Sicherheit der Geräte und Daten machen. Grundsätzlich bietet auch das Edge Computing Möglichkeiten, Datensicherheit zu implementieren und zu gewährleisten. Aber Unternehmen und ihre IT-Abteilungen machen sich berechtigterweise Sorgen über die Sicherheit der Daten, sobald diese den Edge-Bereich verlassen und zurück in die Cloud oder auch das Rechenzentrum gelangen. Ein Ansatz zur Lösung dieser Problematik besteht darin, alle Daten, die das Netzwerk zurück zur Cloud oder zum Rechenzentrum durchlaufen, durch Verschlüsselung zu sichern sowie die Edge-Implementierung möglichst gut gegen Hacker und andere bösartige Aktivitäten zu härten. Allerdings existieren Edge-Computing-Geräte in mannigfaltigen Formen und vielen Endgeräten. Die Spanne reicht von Micro-Rechenzentren an entlegenen Standorten bis hin zu Sensoren, Sicherheitskameras, Kassen und Routern als Datenquellen. Alles diese Geräte erfordern eine schnelle Verarbeitung von Datenvolumen in einem zumeist weitläufigen Netz aus IoT-Geräten.
Dabei gibt es eine ganze Reihe von Risiken, durch die die Sicherheit im Edge-Bereich beeinträchtigt wird. Dazu gehören unter anderem:
- die potenziell sehr große, kaum überschaubare Anzahl von IoT-Geräten,
- die entsprechende Infrastruktur, die der Edge-Bereich benötigt,
- sowie die sehr große Datenmengen, die in diesem Bereich erzeugt werden und ebenfalls Schutz benötigen.
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Eine grundsätzliche Problematik besteht zudem darin, dass die Anwender am Netzwerkrand beispielsweise den direkten Zugriff auf Cloud- und SaaS-Anwendungen benötigen. Das kann in einigen Fällen sogar für IoT-Geräte gelten. Diese Art der Verbindung ist notwendig und erhöht bei den Endanwendern sicher auch das, was viele Netzwerk- und Betriebssystemanbieter gerne als „Employee-Experience“ bezeichnen. Vom Standpunkt der Sicherheit erhöht es aber gerade im Edge-Bereich auch die Gefahr, dass Angreifer über diese Geräte in das Unternehmensnetzwerk gelangen können. Für all diese Fälle ist Edge-Netzwerksicherheit gefragt, die eine vertrauenswürdige Anbindung des Internets an die Unternehmensressourcen ermöglicht. Dazu gehören beispielsweise Webfilter, Malwareschutz, Intrusion-Prevention-Systeme (IPS) und moderne Firewalls, die den Netzwerkverkehr auch von Edge-Geräten je nach IP-Adresse zulassen oder blockieren.
Hand in Hand: Edge Computing und 5G
Zu den großen Vorteilen des Edge Computings gehört ohne Zweifel die Dezentralisierung der Datenverarbeitung. Die Integration der Server und Geräte am Netzwerkrand mit 5G kann entscheidend dazu beitragen, dass auch große Datenmengen schneller verarbeitet und bereitgestellt werden. Darum wird vielfach für die Überbrückung der „Letzten Meile“ zum mobilen Endgerät gerade im IoT-Umfeld der Einsatz von 5G als wichtige Voraussetzung genannt. Allerdings sind in industriellen Anlagen durchaus auch alternative Technologien wie der aktuelle Wi-Fi-6-Standard denkbar, der im Prinzip eine ähnliche Performance wie 5G bieten kann.
Trotzdem konzentrieren sich viele Provider aus naheliegenden Gründen auf den Ausbau und Einsatz von 5G. Zu den Vorteilen zählt, dass sich mit 5G die Geschwindigkeit um das bis zu Zehnfache gegenüber 4G erhöhen kann. Kombiniert man das mit Edge Computing, das die Reaktionszeit deutlich erhöht, indem es die Datenverarbeitung näher an Geräte und Nutzer bringt, können diese Techniken zusammen den Einsatz und Betrieb von IoT-Anwendungen sehr verbessern.
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