Kommentar von Achim Heisler, a-h-s Systemhaus Ein Virus namens „Cloudopex“
In letzter Zeit habe ich mich im Kampf gegen die Cloudianer ein wenig zurückgehalten. Auch, weil der „Feind“ eine sehr geschickte passiv-aggressive Strategie fährt. Aber ein paar Ereignisse aus der jüngsten Vergangenheit haben mich dann doch wieder aus meiner Lethargie gerissen.
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Wie mein Kunstbegriff „Cloudopex“ andeuten soll, hat die „Cloudisierung“ eine Transformation von Capex in Opex zur Folge. Und dieses grassierende Virus greift massiv in die Verfügungsgewalten beziehungsweise Eigentumsrechte ein.
Das Unglück beginnt bei den Sales- und Marketing-Brainwashern. Dort wird bei allen Herstellern mittlerweile in dasselbe Horn gestoßen: der Kunde könnte sich durch die Umwandlung von Kauf- in Mietmodelle riesiges Summen einsparen. Diese Rechnung geht zwar für einige große Konzerne auf, führt beim KMU-Klientel aber höchstens zu einer Verschiebung der Gewichtung bei den Gesamtkosten.
Von Rechtswissenschaftlern werden schon dicke Abhandlungen zum Unterschied von Eigentum und Besitz an physischen Gütern verfasst. Wie soll zum Beispiel ein Nutzer einer virtuellen Leistung, die außerhalb seiner physikalischen Reichweite liegt, seine Rechte durchsetzen? Trotz eines möglichen kurzfristigen Kostenvorteils, kann die langfristige Gesamtbetrachtung ganz schlecht aussehen.
Ein Praxisbeispiel
Bei mir stapelten sich die Papierberge, bis ich den Bamboo von Wacom entdeckte. Dieser konnte mit einem Stift beschrieben werden, das Geschriebene wurde aufgezeichnet und digitalisiert. Dass es sich dabei um einen Cloud-Service handelte, hielt mich nicht vom Kauf ab. Nach kurzer Zeit passierte folgendes: Das Portal zur Verarbeitung der Daten wurde für mehrere Monate abgeschaltet, um es zu verbessern. Bis zum nächsten Update der App konnte ich nun die Daten noch auf meinem lokalen Device bearbeiten. Beim Update blieb dann die App bei der Initialisierung hängen. Nach mehrmaligem Kontakt mit dem Support, der mal wieder einen eigenen Artikel wert gewesen wäre, war die Lösung die Neuinstallation der App. Somit waren natürlich die lokalen Daten weg. Mein Fazit: Ein Produkt, das derart an einem Cloud-Service hängt, ist nach wenigen Monaten nicht mehr nutzbar.
Exklusivität als Druckmittel
Doch es sind auch die Lieferanten von zentralen Komponenten der Infrastruktur meiner Kunden, die mir zunehmend Sorge bereiten. Mit großem Bedauern muss ich feststellen, dass auch Firmen wie Lancom nun auf den Capex-Opex-Zug aufspringen wollen. Natürlich ist mir bewusst, dass langlebige, zuverlässige Infrastruktur-Produkte für die neuen Investoren keine Wachstums-Story bedeuten. Aber genau diese langweiligen Eigenschaften und der gute Support hat meine Kunden zum Kauf bewogen. Nun soll ich auch hier mit virtuellen Routern aus der Cloud mein Leben fristen. Der virtuelle Router an sich würde mich ja gar nicht stören. Aber diese „Geräte“ wird es nur als Mietgeräte mit Cloud-Anbindung geben. Somit ist es nur noch eine Frage der Zeit bis neue Features zuerst oder, noch schlimmer, exklusiv für die Cloud-Produkte angeboten werden.
Lancom hat gute Management-Tools und generiert für mich bei KMU-Kunden keine Vorteile durch Cloud-Lösungen. Den Vorteil hat ausschließlich Lancom. Denn damit will man „ungewisse zukünftige“ Einnahmen in „regelmäßig planbare“ umwandeln. Und deshalb wird, aus meiner Sicht, künstlich am Cloud-Rad gedreht. Noch schlimmer ist, dass dieser Hersteller mit seiner Idee nicht alleine ist.
Ein Virus namens Cloud
Wenn es um reine Cloud-Services geht (AWS, Google oder Azure) ist der Weg in die Zukunft bereits vorgezeichnet. Die Miet-Services machen nichts anderes als vorhandene Leistungen teuer zu substituieren. Wie ein Feuersturm wütet das Cloud-Virus durch die Branche und wird am Ende nur verbrannte Erde hinterlassen. Bis heute entscheiden meine Kunden und ich, wie lange wir ein Produkt einsetzen. Künftig wird der Hersteller als Eigentümer und Besitzer darüber entscheiden. Und sobald dies wichtige Teile der Infrastruktur betrifft, ist man sehr leicht unter Druck zu setzen.
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