Die Cloud ist für IaaS-Anbieter ein Haifischbecken Cloud-Kunden leben im Schlaraffenland
In dieser Woche stellte das Marktforschungs- und Beratungsunternehmen Experton Group seinen dritten „Cloud Vendor Benchmark“ vor. Die Studie soll CIOs und IT-Managern einen detaillierten und differenzierten Überblick über die wichtigsten Cloud-Anbieter im deutschen Markt geben. 109 gingen in die Untersuchung ein.
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Über 350 IT-Provider in Deutschland schmücken sich mit dem Label „Cloud“. Doch nicht alle zurecht, sagen Carlo Velten und Steve Janata, die die Studie erstellt haben. Insbesondere das Angebot von Software as a Service (SaaS) entpuppt sich häufig als Managed Service, bei dem die Kunden die Software-Lizenzen kaufen und an ihren Provider, der die Software und die Infrastruktur betreibt, weiterreichen. „SaaS ist oft nichts anderes als gehostete Instanzen normaler On-Premise-Softare.“
So bleibt der Markt im Wesentlichen bestimmt von den Infrastruktur-Service-Angeboten (IaaS). Hier aber lassen sich bisher nur wenige Unternehmen in geringem Umfang von Public-Cloud-Angeboten überzeugen. Amazon Web Services liegen heir weit vorne, was das Angebot, die Vision und die Ermöglichung angeht.
Hierzulande bevorzugen die Unternehmen offenbar Cloud-Dienste in Form von Managed Services, wobei offenbar nicht immer schnell ersichtlich wird, ob darunter eine shared infrastructure liegt oder eine dedizierte Plattform. Insbesondere große bevorzugen Dienstleistungen, für die etwa Service Level Agreements (SLAs) abgeschlossen und Anpassungen vorgenommen werden können.
Der Trend zum Managed Service
Das hat unter anderem zur Folge, dass auch Anbieter wie AWS ihre Dienste von der Stange denen von Managed Services ähnlicher werden lassen. Das gelte für das Pricing aber auch in punkto Sicherheit, so Velten; man müsse sich nur einmal das VPN-Angebot „Direct Connect“ von AWS anschauen.
„Hinsichtlich der Cloud-Betriebsmodelle – sprich der Art und Weise, wie die zugrundeliegenden IT-Infrastruktur-Stacks aufgebaut und betrieben werden – hat die betriebliche Realität mittlerweile die „reinen“ Visionen der Cloud-Pioniere eingeholt,“ so Velten. „Gerade mittelständische und große Unternehmen sind nur in Teilen beziehungsweise für bestimmte Workload-Klassen bereit, ihre Rechenleistung von Public IaaS-Plattformen zu beziehen. Es besteht meist die klare Anforderung nach gemanagten Umgebungen, deren SLAs denjenigen des klassischen Enterprise Hostings ähneln.“
Andererseits biete der zähe Wunsch der Kundschaft nach anpassbaren Infrastruktur-Services auch Chancen für andere Anbieter und Betriebsmodelle – und für einen Service-Markt. Die zentralen Kriterien zur Unterscheidung der verschiedenen Betriebsmodelle sind die Frage nach der genutzten physikalischen Infrastruktur (Shared versus Dedicated) sowie nach dem Operations-Modell (Un-Managed Self-Service versus Managed Service mit Enterprise SLAs).
IaaS-Betriebsmodelle
Daraus leiten die Studienautoren folgende IaaS- Bewertungskategorien ab:
- Public Cloud (Un-Managed, Shared Infrastructure vom Provider, Self Service, Standard SLA, Pay-as-you-go)
- Managed Cloud (Managed Service, Shared Infrastructure vom Provider, Enterprise-Grade SLA)
- Manage Private Cloud (Managed Service, Dedicated Infrastructure vom Provider, Enterprise-Grade SLA)
- Private Cloud (Aufbau und Betrieb von individueller Cloud-Infrastruktur im eigenen Rechenzentrum oder Co-Location)
Die Bereiche Cloud Consulting und Integration hatten die Experton-Analysten 2011 noch gar nicht auf dem Schirm. Denn es gab diesen Markt praktisch gar nicht. Heute dagegen sagen sie, ein solcher Markt existiere und das sei eine der größten Veränderungen im Vergleich zum Vorjahr. „Gerade in den nächsten zwei Jahren fällt den Beratungsunternehmen und Systemintegratoren als Know-How-Lieferanten eine wichtige Rolle zu“, sagt Janata.
Sie sagen aber zugleich voraus, dass es im Channel, aber auch im IaaS/PaaS-Markt generell eine „massive Konsolidierung“ geben werde. (Plattform as a Service sind nach Experton-Definition Angebote wie Google App Engine und Microsoft Azure.) Die großen Partner der IT-Hersteller und die großen Beratungshäuser wüssten das und stellten ihre Angebote entsprechend auf das Cloud Computing ein.
Die Großen fressen die Kleinen
Velten und Janata bezeichnen IaaS/PaaS gar als „Spiel der Großen“. Provider wie die Deutsche Telekom, O2/Telefonica, Computacenter, Amazon, Google, Microsoft, IBM, HP und Dell hätten schlichtweg einfach die Rechenzentrumsressourcen, die Skaleneffekte erlaubten, so dass die Betreiber die Dienste wettbewerbsfähig anbieten könnten.
Denn an zu hohen Preisen für Dienste aus der Cloud kann es nicht liegen, dass die Unternehmen den Angeboten skeptisch gegenüber stehen. „Man kann schon fast von einem Schlaraffenland reden“, sagt Velten. Die Preise seien sehr moderat und er sehe gar eine Tendenz zu weiter fallenden Preisen. Als Beispiel nennt er da Cloud-Angebot von Microsoft „Office 365“, für das gerade der Preis gesenkt wurde.
Als eines der wesentlichen Hindernisse hingegen machten die Experton-Analysten den Fachkräftemangel aus. Insbesondere für Software als Service sei Vielfalt und Kreativität gefordert sowie Risikobereitschaft bei Entwicklern, Startups und ISVs.
Kein Profit mit Cloud-Services, aber mit -Cloud-Technik
Das muss offenbar auch so sein; denn zugleich prognostizieren die Marktbeobachter, dass es vor 2015 keinen profitabler Cloud-Service Provider in Deutschland geben wird. Und nur, wer Kapitalmarkt/Shareholder vom strategischen Wert des Investments überzeuge, werde lange genug durchhalten.
Generell sei zwar mit Cloud-Services zu verdienen. Doch insbesondere die hohen Ausgaben für das Marketing knabbere an den Margen. Doch trotz der Widrigkeiten gebe es auch in Deutschland „hoffnungsvolle Start-ups“. Dazu zählt die Experten Group das Unternehmen Weclapp, das eine ERP-Suite für Mittelständler entwickelt hat und als Service anbietet.
Bleibt die vorläufige Nachfrage-Explosion in mehr oder minder öffentlichen Clouds auch vorläufig aus, beschäftigen sich die deutschen Unternehmen dennoch mit Cloud-Computing, und zwar im eigenen Unternehmen. Der Markt für Infrastruktur und Komponenten zum Aufbau privater Clouds ist „stärker als erwartet“. Die Ausgaben für Cloud-relevante Technik steigt bis Ende 2012 auf 1,1 Milliarden Euro!
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